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Wirtschaft: Bertelsmann AG: Medienkonzern wird komplett umgebaut

Der Medienkonzern Bertelsmann AG, Gütersloh, übernimmt weitere 30 Prozent an der RTL Group und hält somit in Zukunft die Mehrheit an Europas größtem TV-, Radio und Filmkonzern. Der Verkäufer der Anteile, die belgische Groupe Bruxelles Lambert (GBL) des Finanziers Albert Frère, erhält im Gegenzug 25,1 Prozent der Aktien der Bertelsmann AG.

Der Medienkonzern Bertelsmann AG, Gütersloh, übernimmt weitere 30 Prozent an der RTL Group und hält somit in Zukunft die Mehrheit an Europas größtem TV-, Radio und Filmkonzern. Der Verkäufer der Anteile, die belgische Groupe Bruxelles Lambert (GBL) des Finanziers Albert Frère, erhält im Gegenzug 25,1 Prozent der Aktien der Bertelsmann AG. Die GBL hat das Recht, die Bertelsmann-Aktien in rund drei Jahren zu verkaufen oder an der Börse zu platzieren.

"Auch bei einem möglichen Börsengang nach zirka drei Jahren wird die einzigartige Unternehmenskultur von Bertelsmann gewahrt bleiben", versprach Bertelsmann. Der Börsengang auf Raten stellt für die Familien geführte Bertelsmann AG eine massive Zäsur in der Firmengeschichte dar. Bislang galt, dass weder Kernbereiche des Konzerns noch der Konzern selber an die Börse gebracht oder aus der Hand gegeben werden sollten. Vorstandschef Thomas Middelhoff betonte, die "Position von Bertelsmann als treibende Kraft im Zukunftsmarkt Fernsehen" werde gefestigt. Er sprach von einem "strategisch und firmenhistorisch bedeutsamen Schritt, der die Zukunft des Unternehmens nachhaltig prägen wird".

Das Volumen der Transaktion soll bei rund acht Milliarden Euro liegen, was einer Prämie von gut 100 Prozent auf den aktuellen Aktienkurs der in London notierten RTL Group darstellen würde. Neben Bertelsmann hält jetzt noch die britische Mediengruppe Pearson 22 Prozent an RTL Group, weitere elf Prozent sind börsennotiert. Die Anzahl der Aktien im Streubesitz soll auf 15 Prozent erhöht werden. Die Bertelsmann AG wird nach Abschluss der Transaktion - und nach einem seit längerem bekannten Rückkauf von 7,4 Prozent der Anteile von der Zeit-Stiftung - zu 57,6 Prozent der Bertelsmann-Stiftung gehören, zu 17,3 Prozent der Familie Mohn und zu 25,1 Prozent der GBL. Middelhoff betonte, dass nur genau 25 Prozent der Anteile von GBL stimmberechtigt sind, also die Kontrolle weiterhin bei der Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft liege, die 75 Prozent der Stimmrechte hält.

Die Übernahme der Mehrheit an der RTL Group mit zahlreichen TV- und Radiosendern stellt einen wichtigen strategischen Schritt für Bertelsmann dar. Das TV- und Onlinegeschäft stellt mit acht Milliarden Mark Umsatz im Geschäftsjahr 2000 den größten Bereich des Konzerns dar und soll in den kommenden zwei Jahren jährlich um über elf Prozent wachsen. In der Bedeutung für das Ergebnis hat der TV-Bereich längst die angeschlagenen Buchclubs ersetzt, die mit hohem Aufwand saniert werden. Auch zuvor hatte Bertelsmann die Führung bei RTL Group, war jedoch mit 37 Prozent Kapitalanteil nur in einer Minderheitsposition. Nun soll die "Marketing-Lokomotive ersten Ranges" verstärkt im Sinne von Bertelsmann eingesetzt werden. "Nur ein Unternehmen, an dem man die Mehrheit hält, kann man wirklich in die Konzernstrategie integrieren", so Finanzvorstand Siegfried Luther.

Bertelsmann wird derzeit komplett umstrukturiert. Am Ende soll der Konzern auf drei Säulen ruhen (Inhalte, Services, Vertrieb). Auch die neue Machtposition im Rechteeinkauf - etwa in Verhandlungen mit Hollywood - und der Rechtevermarktung (größter Sportrechtehändler Europas) soll offensiv genutzt werden. Als weitere Ziele sind laut Middelhoff Anteilserhöhungen bei RTL 2, Super RTL, M6 und Channel 5 bis zum maximal Erreichbaren vorgesehen und auch ein Einstieg in den US-TV-Markt rückt näher.

pos

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