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Wirtschaft: Bertelsmann verdaut Napster

Der Rechtsstreit mit Musikverlegern belastet den Gewinn des Medienkonzerns. Aber die Prognose für 2007 bleibt optimistisch

Berlin - Der Medienkonzern Bertelsmann zahlt einen hohen Preis für sein früheres Engagement bei der Internet-Musiktauschbörse Napster. Wie Bertelsmann-Chef Gunter Thielen am Dienstag bei der Vorlage der Halbjahresbilanz sagte, schrumpfte der Gewinn in den ersten sechs Monaten um 85 Prozent auf 51 Millionen Euro. Der Grund: Der Rechtsstreit im US-Verfahren um Napster und Wertberichtigungen bei der britischen TV-Tochter Five.

Amerikanische Musikverleger hatten Bertelsmann wegen seiner Verbindung zu Napster mit Schadenersatzklagen in einer Gesamthöhe von 17 Milliarden Dollar (12,6 Milliarden Euro) gedroht. Thielens Vorgänger Thomas Middelhoff, heute Chef des Handelskonzerns Arcandor (früher Karstadt-Quelle), hatte im Jahr 2000 die Mehrheit an der einst beliebten MP3-Tauschbörse übernommen. Mit der außergerichtlichen Einigung mit allen großen Plattenkonzernen sei in den vergangenen Monaten „ein großes Risiko für die Zukunft“ aus dem Weg geräumt worden, sagte Thielen. Bertelsmann verständigte sich mit den Klägern auf Zahlungen in einer Gesamthöhe von 393 Millionen Euro. Damit sei das Thema erledigt, hieß es am Dienstag.

Belastet wurde das Ergebnis zusätzlich durch Wertberichtigungen bei der britischen TV-Tochter Five in Höhe von 123 Millionen Euro und durch die höheren Zinsaufwendungen für den Schuldenberg, der nach dem Rückkauf eigener Anteile von der Groupe Bruxelles Lambert (GBL) entstanden war. Insgesamt zeigte sich der Bertelsmann-Vorstand mit dem ersten Halbjahr jedoch zufrieden. Auch an seiner optimistischen Prognose für das Gesamtjahr hielt er fest. „Die überwiegende Zahl unserer Geschäfte laufen wie geplant, und wir können nach sechs Monaten sagen: Bertelsmann befindet sich auf Kurs“, sagte Thielen. Der bereinigte Umsatz stieg im ersten Halbjahr 2007 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,3 Prozent auf 9,0 Milliarden Euro. Der operative Gewinn kletterte um 1,9 Prozent auf 714 Millionen Euro. Unter dem Strich brach der Nettogewinn aber von 354 Millionen Euro auf 51 Millionen Euro ein.

Während die Fernsehsparte RTL weiterhin im Aufwind ist und ein neues Rekordergebnis vorlegen konnte und auch die Zeitschriftengruppe Gruner + Jahr eine positive Entwicklung nahm, rutschte die vor der Aufspaltung stehende Clubsparte Direct Group ins Minus. Sie wies einen operativen Verlust von 35 Millionen Euro in den ersten sechs Monaten aus. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres lag die Clubsparte noch mit 13 Millionen Euro im Plus. Die Musiksparte BMG musste den Verkauf des gewinnbringenden Musikverlags BMG Music Publishing und den weiter rückläufigen Markt für klassische Tonträger wie CDs verkraften. Das operative Minus des Gemeinschaftsunternehmens Sony BMG fiel mit drei Millionen Euro allerdings deutlich kleiner aus als in den ersten sechs Monaten 2006, als es bei knapp 30 Millionen Euro lag.

Finanzvorstand Thomas Rabe zeigte sich für den Konzern zuversichtlich, die Ziele für das Gesamtjahr zu erreichen. „Bei Umsatz und operativem Ertrag wollen wir im Vergleich zum Vorjahr zulegen.“ Die Finanzschulden seien auf rund 6,59 Milliarden Euro gesunken. „Ende 2007 werden wir uns unseren internen Finanzierungszielen wieder weitgehend angenähert haben.“ Nach dem GBL-Rückkauf für 4,5 Milliarden Euro hatte sich Bertelsmann eine Expansionspause auferlegt. Auswirkungen der Finanzkrise fürchtet Bertelsmann nicht. „Wir sind bis 2010 durchfinanziert“, sagte Rabe. In den vergangenen zwei Jahren habe der Konzern Anleihen in Höhe von 2,65 Milliarden Euro ausgegeben. Zugleich verfüge er über ein solides Rating. „Das sichert unsere Finanzierung in der Zukunft“, sagte der Finanzchef.

Erstmals in seiner Firmengeschichte beschäftigt Bertelsmann mehr als 100 000 Mitarbeiter. Zum 30. Juni wurden im größten Medienunternehmen Europas weltweit 101 009 Beschäftigte gezählt.

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