zum Hauptinhalt
Trinken lernen. Voraussetzung für die Ausbildung zum „Weinkellner“ ist in der Regel ein Beruf oder Erfahrung in der Hotelbranche.

© picture-alliance / dpa/dpaweb

Beruf: Sommelier: Die Vorkoster

Wein testen im Job: Was für viele wie ein Traumberuf klingt, ist in der Realität eine Profession, zu der weit mehr gehört. Wie man Sommelier wird.

Zuerst erntet er häufig irritierte Blicke. Wenn Mathias Brandweiner an den Tisch der Gäste des Restaurants Le Faubourg im Luxushotel Sofitel am Kurfürstendamm tritt, spürt er, dass man dort wohl eher jemand anderen erwartet hat. Denn er ist gerade einmal 20 und entspricht damit nicht dem Klischee eines Sommeliers, der sich durch viele Weinkeller gekostet hat. Mathias Brandweiner ist der wohl jüngste Sommelier Deutschlands – und hat es schon bis in Restaurants geschafft, die zu den besten Europas gehören.

Seit August arbeitet Mathias Brandweiner im Le Faubourg. Der gebürtige Österreicher ist ausgebildeter Hotelkaufmann. 2013 schloss er seine Ausbildung zum Diplom-Sommelier ab und hat reichlich Erfahrungen in internationalen, gehobenen Restaurants gesammelt: Er war „Commis de Rang“ im Royal-Spa in Kitzbühel und als „Commis Sommelier de Rang“ im Sofitel in Wien beschäftigt. Dann ging er als „Chef de Rang“, also in der Hierarchie des Serviceteams einen Rang höher, ins Apsley’s Restaurant des Londonder Fünf-Sterne-Hotels Lanesborough und wechselte zum Bulgari Hotel London, wo er, auch als „Chef de Rang“, die Eröffnung des Rivea Restaurants begleitete.

"Momentan sind biodynamische Weine sehr interessant"

„Gästen Genuss beizubringen“ ist Mathias Brandweiners Mission, und nachdem sich einige vielleicht zuerst über sein Alter wundern, ergibt sich ein Gespräch, in dem er den Gästen die passenden Getränke zu ihrem Essen empfiehlt.

Um mehr über aktuelle Entwicklungen zu erfahren, besucht Brandweiner Weingüter und Restaurants mit ausgewählter Weinkarte, liest Bücher und Fachzeitschriften.„Momentan sind die biodynamischen Weine sehr interessant, denn im Gegensatz zu den Standardweinen schmecken sie jedes Jahr anders“, erklärt er. „Auch der so genannte Orange Wine ist im Kommen, also Weißwein, der wie Rotwein mit der Traubenschale hergestellt wird.“

Die meisten Sommeliers und Sommelière – immer mehr Frauen arbeiten in dem Beruf – sind fest angestellt in gastronomischen Betrieben wie Hotels und Restaurants. Häufig sind sie gleichzeitig Restaurantleiter, erklärt ein Sprecher des Berufsverbandes Deutsche Sommelier-Union. Es gibt aber auch freiberufliche Sommeliers, die als Weinfachberater arbeiten oder sich mit einer eigenen Weinhandlung selbstständig machen. Sommeliers sind in der Regel nicht nur für Wein zuständig. Zu ihren Aufgaben gehört die Auswahl, der Einkauf, die fachgerechte Lagerung auch von Spirituosen, Getränken und Zigarren. Sommeliers stellen die Wein-und Getränkekarte zusammen und gestalten sie, beraten die Gäste, dekantieren und servieren Wein und Zigarren.

Die Berufsbezeichnung Sommelier ist nicht geschützt. So kann sich also jeder nennen – zum Leidwesen der Sommelier-Union und Sommelier-Ausbilder wie der Hotelfachschule Heidelberg und der Deutschen Wein- und Sommelierschule. Das heute auch viele andere den Spezialistentitel für sich nutzen und sich als Bier-, Wasser-, Saft-, Nuss-, Honig- oder auch Fleischsommelier verkaufen, passt ihnen gar nicht. Die Absolventen der Weinschulen sind IHK-geprüft.

Voraussetzung ist eine Ausbildung in Gastronomie oder Hotelfach

Die Ausbildung zum Wein-Sommelier baut in der Regel auf einer Ausbildung im Hotelfach oder in der Gastronomie auf. Aber auch mit fünf Jahren Berufserfahrung im Restaurant kann man Sommelier werden. Die Deutschen Wein- und Sommelierschule (www.weinschule.de) mit Dependancen in Koblenz, Hamburg und Berlin bietet den IHK-Lehrgang „Assistant Sommelier“ an. Darin werden erste Kenntnisse über Weinanbaugebiete und „objektive“ Weinsensorik vermittelt, das heißt, die Teilnehmer lernen, die riech-, schmeck-, fühl-, und sehbaren Inhaltsstoffe eines Weines in Bezug zu Rebsorte, Herkunft und Ausbau zu setzen.

„Der Geschmackssinn lässt sich trainieren, man muss einfach jeden Tag üben“, ist Mathias Brandweiner überzeugt.

Auf dem Assistant-Kurs baut ein berufsbegleitender Kompetenzkurs zum IHK geprüften Sommelier auf. In 262 Unterrichtsstunden und einem Praktikum in der Weinwirtschaft vertiefen die Teilnehmer ihr Wissen in Weinkunde, Weinsensorik und Betriebsorganisation.

Die Hotelfachschule Heidelberg hat einen einjährigen Vollzeitstudiengang zum staatlich geprüften Sommelier im Programm. Er umfasst ein viermonatiges Praktikum und geht auf Themen wie Weinkultur, Geologie und Klimatologie, Speisen- und Menükunde, Rhetorik und Gesprächsführung, Beschaffung, Lagerhaltung und Mitarbeiterführung ein.

Die Chancen auf einen Job nach der Ausbildung stehen laut Deutscher Sommelier-Union gut. Gerade Berlin habe in den letzten Jahren eine lebendige Wein-Szene entwickelt. Viele Restaurants und Hotels, auch im mittleren Preis-Niveau, leisten sich einen Sommelier, unter anderem weil die gute Beratung einen höheren Getränke-Umsatz mit sich bringt.

„Ein guter Sommelier ist wie ein guter Finanzberater: Er sollte umtriebig sein, ständig auf der Suche nach neuen Weinen, aber auch alte Klassiker nicht aus den Augen verlieren“, sagt Michael Frenzel, Generaldirektor des Hotel Palace Berlin. Das Gourmet-Restaurant „First Floor“ bietet dort 1500 verschiedene Weine an, davon 830 aus dem Burgund und Bordeaux. Damit sich der Gast in dieser Fülle zurechtfindet, bedarf es eines kundigen Beraters. „Wir kaufen Flaschen und Fässer teilweise dekadenweise im Vorfeld ein, die dann bis zu zehn Jahre gelagert werden. Dieses Kapital muss mit viel Leidenschaft vom Sommelier gepflegt werden, bis die perfekte Trinkreife erreicht ist“, erklärt Frenzel.

In der Zukunft kann sich Mathias Brandweiner vorstellen, eine Weile bei einem Winzer zu arbeiten, sein Herz schlägt aber für die Gastronomie. Die Begegnung mit den Gästen möchte er nicht missen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false