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Ich fahr Taxi. Dirk Wegener macht vor dem Rathaus Reinickendorf Pause.

© Privat

Berufsporträts: Weihnachten im Dienst

Wie ein Taxifahrer, eine BVG-Busfahrerin und ein Zugchef der Deutschen Bahn die festlichen Tage erleben

Die Weihnachtszeit ist nicht nur die Zeit der Besinnlichkeit, sondern auch die Zeit des Reisens. Viele machen sich auf den Weg zu ihrer Familie quer durch Berlin oder auch durch ganz Deutschland – per Bahn, mit dem Bus oder Taxi. Doch wer sind die Menschen, die dafür sorgen, dass die Fahrgäste wohlbehalten und rechtzeitig zur Bescherung oder zum Festessen an ihr Ziel kommen?

DER TAXIFAHRER

„Ich wollte schon als Kind Taxifahrer werden“, erzählt Dirk Wegener. Immer neue Menschen kennen lernen, den ganzen Tag mit einem Mercedes durch die Stadt fahren, dass hat er sich klasse vorgestellt. Und er findet es auch heute noch klasse.

Inzwischen ist er 47, selbstständiger Taxiunternehmer in Berlin. Der Mercedes ist seiner. „Ich mag den Kontakt mit den Gästen“, sagt er. Besonders gern ist er zu Weihnachten im Dienst. „Die Leute sind entspannt und fröhlich. Sie sind dankbar dafür, dass sie in den leeren Straßen ein Taxi gefunden haben, das sie an ihr Ziel bringt. Und gutes Trinkgeld gibt es auch.“ Um seine Fahrgäste richtig in Weihnachtsstimmung zu bringen, verkleidet sich der Taxifahrer als Weihnachtsmann. Das finden besonders die Kinder ganz toll, sagt er.

Nach einigen Abstechern in andere Berufszweige entschloss sich Wegener vor 25 Jahren, die Taxiprüfung abzulegen. Die sei sehr anspruchsvoll, sagt er. Geprüft wird vor allem die Ortskenntnis. Fast jede Straße auf dem Stadtplan muss man kennen, die kürzesten Routen von A nach B beschreiben. Wer besteht, bekommt den ersehnten Taxischein, kann sich damit selbstständig machen oder einen Arbeitgeber suchen – und losfahren. Der Grundverdienst für 22 Arbeitstage im Monat liegt laut Bundesarbeitsagentur im Schnitt bei rund 1600 Euro brutto.

Zu seinen schönsten Weihnachtsgeschichten gehört die Begegnung mit einer älteren Dame: Als Dirk Wegener die Frau vor ihrer Haustür ablieferte, bat die Dame ihn darum, kurz zu warten.

Als sie wenig später wieder auftauchte, drückte sie dem verdatterten Taxifahrer einen Umschlag in die Hand und wünschte ihm frohe Weihnachten. Als der Taxifahrer den Brief später öffnete, fand er einen Weihnachtsgruß und 100 Euro. „So was ist natürlich was ganz Besonderes“, sagt Wegener. Er lacht. „Mal sehen, was ich in diesem Jahr wieder erleben darf.“

DIE BUSFAHRERIN

Eine derjenigen, die auch zu Weihnachten im Dienst sind, ist Christiane Wiese. Die 53-Jährige ist Busfahrerin bei den Berliner Verkehrsbetrieben. Eigentlich ist sie gelernte Bürokauffrau, erzählt sie, doch als die Kinder aus dem Haus waren und sie zurück in ihren Job wollte, fand sie keine Stelle.

Ihr Mann, selbst seit Jahrzehnten bei der BVG, brachte sie auf die Idee mit dem Bus fahren. Nach einer knapp viermonatigen Umschulung, die ihr die Arbeitsagentur vermittelte, machte Christiane Wiese ihren „Busschein“ und unterschrieb einen Vertrag mit den Berliner Verkehrsbetrieben. Die Entscheidung hat sie nicht einen einzigen Moment bereut, sagt sie. Seit acht Jahren fährt Christiane Wiese jetzt Linienbusse durch Berlin. Manchmal fünf, manchmal sechs Tage in der Woche. Im öffentlichen Dienst bekommen Busfahrer nach Tarif eine Grundvergütung von 2000 bis 2 669 Euro brutto im Monat.

Wiese arbeitet seit drei Jahren auch am 24. Dezember. Das sei für sie kein Problem, sagt die Busfahrerin, denn „das ist eine ganz besondere Schicht“. Auch ihr fällt auf, dass die Fahrgäste an diesem Tag besonders freundlich und offen sind. Da ergäben sich auch oft vertrauliche Gespräche. So wie im letzten Jahr. Damals sei ein älteres Ehepaar samt Enkel in den Bus gestiegen. Als sie den kleinen Fahrgast fragte, wo denn die Reise hingehe, antwortete der: „Zu meiner Mama, ins Krankenhaus. Sie hat gerade meinen kleinen Bruder bekommen!“ Solche Erlebnisse sind toll, sagt Wiese. Dafür lohne es sich, zu Weihnachten nicht unterm Christbaum, sondern in der Fahrkabine zu sitzen.

DER ZUGCHEF
Auch Andreas Lojewski ist einer, der am 24. Dezember dafür sorgt, dass die Fahrgäste zu ihren Liebsten kommen. Seit 26 Jahren arbeitet der 44-Jährige als Zugchef für die Deutsche Bahn. Er kümmert sich um den Betrieb „seines“ ICEs, um die Durchsagen, die Fahrkartenkontrolle, den Service, gibt das Abfahrtszeichen. Außerdem ist er zuständig für die Belange der Zugbegleiter und Bordgastronomen.

Lojewski wurde noch in der DDR ausgebildet. „Damals hieß das Facharbeiter für Eisenbahnbetriebe“, sagt er. Wer heute Zugchef werden möchte, muss eine dreijährige Ausbildung zum Reiseverkehrskaufmann absolvieren. Danach folgen weitere Qualifikationen. Für den Job bekommen Zugchefs bei der Bahn nach Tarif im Schnitt 41 000 Euro im Jahr (inklusive Zulagen). Vier bis fünf Mal in der Woche reist Lojewski durch Deutschland. Ausgangspunkt seiner täglichen Reisen ist der Berliner Ostbahnhof. Dort erfährt er am Morgen, wo er tagsüber hinfährt und bespricht sich mit seinem Team. Wenn er es nachts nicht mehr nach Hause schafft, schläft er im Hotel. „Das ist auch schon zu Weihnachten vorgekommen“, sagt Lojewski. Als seine Kinder klein waren, fanden sie das nicht toll, wenn ihr Vater an den Festtagen arbeiten musste, erzählt der Zugchef. Er selbst hat sich inzwischen daran gewöhnt und kann daran auch Gutes finden: „Zu Weihnachten herrscht immer eine ganz besondere Stimmung im Zug, als könnten die Leute es nicht erwarten, nach Hause zu kommen.“

Zu seinen schönsten Weihnachtserlebnissen zählen die Fahrten von Moskau nach Berlin. Auch wenn das ein paar Jahre zurückliegt. Die Bilder hat er noch im Kopf: Der Schnee vor den Fenstern, die rauchenden Samoware, Fahrgäste, die im Zug riesige Geschenkeberge stapelten.

Gesa Steeger

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