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Ankündigung von reduzierter Ware in verschiedenen Sprachen.

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Berufsqualifikationen: Berliner Firmen setzen auf Fremdsprachler

Ein Viertel aller Berufstätigen in Berlin spricht mindestens drei Fremdsprachen. Das haben inzwischen viele Unternehmen gemerkt - und siedeln sich deswegen hier an.

Vor zwei Jahren hat Ashraf Khweiter die Akazien-Apotheke an der Schöneberger Hauptstraße in Berlin übernommen. Seitdem hängt vor der Tür ein Schild mit dem Wort „Apotheke“ – in sechs Sprachen. Was draußen steht, wird drinnen gelebt. In Ashraf Khweiters Team spricht man Türkisch, Arabisch, Englisch, Französisch und Spanisch. „Ich habe erkannt, dass das eine Sache ist, die der Apotheke fehlte“, sagt Khweiter zu seiner Sprachstrategie. Seitdem hat sich der Kundenstamm der Apotheke stark erweitert – im Monat kommen 4000 bis 5000 Kunden.

Das ist kein Einzelfall. Ein Viertel aller Berufstätigen in Berlin spricht mindestens drei Fremdsprachen, hat eine Studie im Auftrag der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berlin Partner ergeben. Die Europäische Union hat kleine und mittelständische Unternehmen in Europa befragt, die im internationalen Handel erfolgreich sind. Dabei kam heraus, dass der Umsatz, den diese Betriebe im Export machen, um 44,5 Prozent über dem liegt, was Firmen ohne Sprachenstrategie erzielen. Bei fast drei Viertel der Firmen stieg der Umsatz um mindestens 16 Prozent. In Berlin, hat Berlin Partner hochgerechnet, können 1,16 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter Englisch, 200 000 haben Kenntnisse in Französisch, 110 000 Menschen sprechen Russisch und 60 000 Polnisch.

Das haben Unternehmen gemerkt und siedeln sich deswegen hier an. Welche das sind und was sie hier wollen, weiß Burkhard Volbracht, Bereichsleiter Talent Services bei Berlin Partner. An seine Abteilung wenden sich Firmen, wenn sie Mitarbeiter suchen. „Sprachkenntnisse sind in den Bereichen Dienstleistung und IT immer eines der Topthemen“, sagt er. Englisch liegt als gesuchte Sprache weit vorn. Aber in den mehrsprachigen Callcentern von Banken oder Partnervermittlungen wird auch Holländisch, Spanisch, Polnisch oder Italienisch gesprochen.

Die Anforderungen an die weitere Qualifikation unterscheiden sich aber von Callcenter zu Callcenter. „Bei Vistaprint kann man zum Teil ohne Ausbildung arbeiten“, sagt Volbracht. Dort werden Kunden aus mehreren Ländern etwa bei Fragen zum Druck von Visitenkarten betreut. Solche Callcenter könne man in Berlin gut bestücken, weil viele Muttersprachler hier leben, sagt Volbracht: „Für einen 1400-Euro-Job zieht keiner von den Niederlanden hierher. Daher rekrutieren die Callcenter vor Ort.“ Währenddessen brauche das neue Shared Services Center des Energiedienstleisters Eon Fachkräfte. Es soll von Berlin aus Verwaltungsaufgaben für Niederlassungen des Konzerns in mehreren Ländern steuern. Daher wird in der Berliner Zentrale Englisch Unternehmenssprache sein.

Die Firmen reagieren auch darauf, dass immer mehr Touristen nach Berlin kommen. In den Galeries Lafayette in der Friedrichstraße sind knapp die Hälfte der Besucher Touristen, und 50 Prozent dieser Touristen sind Russen. Folgerichtig sind unter den 300 Mitarbeitern des französischen Luxuskaufhauses viele, die Russisch sprechen. In der Belegschaft sind 25 Nationalitäten vertreten. „Natürlich ist Sprache wichtig“, sagt Geschäftsleiter Vincent Senecat. „Aber die wichtigste Sprache ist die Kundensprache.“

Der exklusive Limousinenservice Valet Parking & More GmbH beschäftigt 42 Mitarbeiter und hat rund 1000 Fahrer in seiner Datenbank, die mindestens eine Fremdsprache sprechen. Bei den meisten ist das Englisch, aber es gibt auch Fahrer, die Französisch, Spanisch, Italienisch, Russisch, Türkisch, Arabisch oder Polnisch sprechen. „Wir haben schnell erkannt, dass Mehrsprachigkeit wichtig ist“, sagt Geschäftsführer Nicolas Ruland. Natürlich müsse man vorher klären, ob es von den Kunden gewünscht sei, dass der Fahrer versteht, worum sich die Unterhaltung im Fond des Wagens dreht. „Gerade Gäste aus Russland und arabischen Ländern sind eher bereit, für entsprechende Leistungen zu zahlen“, sagt Ruland. Für Valet Parking ist das ein gutes Geschäft. Der Betrieb feiert in diesem Jahr seinen 15. Geburtstag, sein Umsatz steigt jährlich um etwa 25 Prozent.

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