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Wirtschaft: Besser als umsonst

Legale Musikshops im Internet setzen sich durch, weil sie bequemer und sicherer sind

Von Henrik Mortsiefer

und Maurice Shahd

Die Revolution in der Musikindustrie frisst ihre Kinder. Tim Renner, Deutschlandchef von Universal Music, musste am Donnerstag zurücktreten. Einen Tag später folgte BMG-Deutschland-Chef Thomas Stein. Zwei prominente Musikmanager räumen ihre Sessel, weil die Konzernzentralen in den USA höhere Renditen sehen wollen. Kritiker der hektischen Personalentscheidungen meinen: Die Musikindustrie verliert langsam die Nerven, weil die Krise der Branche einfach nicht aufhören will.

Musikpiraten im Internet und die millionenfache Brennerei von CDs verursachen seit einigen Jahren Schäden in Milliardenhöhe. 2003 brachen die Umsätze in Deutschland um 20 Prozent ein; es wurden doppelt so viele CD-Rohlinge verkauft wie bespielte Tonträger. Eine Antwort der Konzerne auf die elektronische Herausforderung lässt seit langem auf sich warten. Phonoline, die erste kommerzielle Internet-Plattform aller fünf großen Musiklabel Universal, Sony, BMG, Warner und EMI hätte schon vor Weihnachten ans Netz gehen sollen. Doch technische Probleme des Partners Deutsche Telekom verzögerten bisher den Start.

Immer mehr Angebote

Die Idee: Alle Plattenfirmen stellen große Teile ihres Repertoires ins Netz und gestatten den legalen, aber kostenpflichtigen Download. Zugriff auf Phonoline erhalten die Nutzer über die Homepages bekannter Handelsmarken. „Zur Cebit geht Phonoline ans Netz“, versichert jetzt Hartmut Spiesecke, Sprecher der deutschen Phonoverbände. Dann werden, wenn diesmal alles glatt läuft, Musikfreunde erstmals für Preise um 99 Cent pro Track Musik aus dem Netz laden können. 250000 Titel werden zum Start im Katalog stehen.

Schon seit einigen Monaten gehen auch immer mehr legale Angebote für Musik-Downloads ans Netz. Eigene Musikshops haben bereits die Händler Karstadt, Media Markt und Wom, der Musiksender MTV Deutschland sowie die Internetprovider Tiscali und T-Online eingerichtet. Als einer der Ersten ging Media Markt im November 2002 mit einem kleinen Shop an den Start. Inzwischen bietet die Elektronikkette rund 250 000 Titel vom Punk bis zur Klassik an. „Schon bis Mitte des Jahres werden wir das Repertoire auf eine Million Songs steigern“, sagt Media-Markt-Sprecher Bernhard Taubenberger. Er ist sich sicher: „Legale Musikshops werden sich als Alternative zu den illegalen Tauschbörsen durchsetzen.“ Schließlich hätten die legalen Angebote handfeste Vorteile. Neben einem reinen Gewissen bestehe für die Nutzer nicht die Gefahr, dass sie sich leere Dateien auf den Rechner laden oder sich sogar einen gefährlichen Computer-Virus einfangen. Zudem kann jeder Song 30 Sekunden lang vorgehört werden. Wer den ganzen Song am PC hören will, zahlt nur einen Cent. Der Preis für den Download eines Titels liegt bei Media Markt je nach Aktualität und Beliebtheit des Musikers zwischen 59 Cent und 1,79 Euro. Bezahlen können die Kunden mit Kreditkarte oder dem Zahlungssystem Firstgate.

Media Markt und einige andere Anbieter nutzen in ihren Musik-Shops die Technik des britischen Unternehmens OD2, an der auch der Popmusiker Peter Gabriel beteiligt ist. OD2 hat Verträge mit den fünf großen Musiklabels abgeschlossen und stellt den Webseiten-Betreibern die digitalisierten Songs zur Verfügung. In Deutschland fehlt mit Sony Music allerdings eines der fünf großen Labels und damit Stars wie Shakira, Pearl Jam oder Michael Jackson. „Die Verhandlungen für Deutschland laufen noch“, sagt Christoph Schick, Marketingchef von OD2 Deutschland.

OD2 nutzt bei seinen Musikdateien das WMA-Format von Microsoft. Die WMA-Dateien sind mit bestimmten Nutzungsrechten versehen. So dürfen die meisten Songs bei den OD2-Shops wie Karstadt oder Media Markt am PC zwar unbeschränkt abgespielt werden, aber nur dreimal auf eine CD gebrannt und dreimal kopiert werden. „Ein Problem ist aber noch das Abspielen auf mobilen Playern“, sagt Schick. Viele Abspielgeräte (siehe Bericht unten) kämen nicht mit den Nutzungsrechten zurecht und verweigern deshalb den Dienst.

Mit einem eigenen Musik-Shop ist auch Deutschland größter Internetprovider T-Online im vergangenen Jahr gestartet. Auf der eigens eingerichteten Webseite Musicload.de stehen 100 000 Titel bereit. Von den fünf großen Labels fehlt mit Universal auch hier eines. Vorteil für Besitzer eines Telefonanschlusses: Sie können auch über die Telefonrechnung bezahlen.

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