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90 Prozent aller Großbetriebe habe einen Betriebsrat und nur wenig Kleinbetriebe.

© dpa

Betriebsrätegesetz: 100. Geburtstag

Seit 1920 haben die Arbeitnehmer Anspruch auf eine betriebliche Vertretung.

In der wilden Zeit nach dem ersten Weltkrieg konnte der Gesetzgeber den Wunsch nach mehr Demokratie in der Wirtschaft nicht übergehen. Das Stinnes-Legien-Abkommen vom November 1918 wurde zur Grundlage des deutschen Tarifsystems. Und knapp 15 Monate später folgte mit dem Betriebsrätegesetz für die Arbeitnehmer der Anspruch auf eine betriebliche Interessenvertretung. Am 4. Februar 1920 trat das Gesetz in Kraft, bei dessen Anbahnung Menschen starben: Mehr als 40 Demonstranten, die sich für eine sozialistische Republik inklusive Verstaatlichung der Industrie einsetzten, erschoss die Polizei während des Gesetzgebungsverfahren vor dem Reichstag.

1972 gab es eine Reform

Nach der Nazizeit kam 1952 in der Bundesrepublik das Betriebsverfassungsgesetz, das die SPD-Regierung 1972 umfassend novellierte. Auf betrieblicher Ebene haben die gewählten Arbeitnehmervertreter seitdem abgestufte Rechte auf Unterrichtung, Anhörung sowie echte Mitbestimmung. Wenn es um Veränderungen der Arbeitszeit geht, dann bestimmt der Betriebsrat ebenso mit wie bei Einstellungen, Versetzungen oder Kündigungen. Bei Dienstplänen und betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören; neue IT-Systeme dürfen erst nach Zustimmung des Betriebsrats eingeführt werden.

Wahl soll einfacher werden

„Die Betriebsverfassung ist heute notwendiger denn je. Nur durch betriebliche Mitbestimmung können wir den digitalen und strukturellen Wandel erfolgreich und sozial gestalten“, heißt es bei der IG Metall, die sich ein größeres Mitbestimmungs- und Initiativrecht bei der Personalentwicklung und Personalplanung wünscht. Das ist indes nicht in Sicht. Im Koalitionsvertrag hat sich die schwarz- rote Regierung nur auf ein einfacheres Verfahren der alle vier Jahre stattfindenden Betriebsratswahl verständigt.

Im Osten weniger Mitbestimmung

Tatsächlich gibt es nur in einem Bruchteil deutscher Betriebe Betriebsräte. In Westdeutschland arbeiten rund 42 Prozent der Beschäftigten in mitbestimmten Unternehmen, im Osten sind es 35 Prozent. Die Herr-im-Haus-Mentalität ist vor allem in Familienunternehmen weit verbreitet, weshalb dort auch häufig Betriebsratswahlen abgelehnt werden. Obgleich – so haben jedenfalls Wissenschaftler ermittelt – Betriebe mit Betriebsräten „produktiver sind und widerstandsfähiger“, wie es beim DGB heißt.

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