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Wirtschaft: Betriebsvereinbarungen dürfen Tarifvertrag nicht aushebeln

KASSEL (lö/jj/HB).Gewerkschaften können einen Unterlassungsanspruch gegen tarifwidrige Arbeitszeitregelungen einzelner Betriebe geltend machen.

KASSEL (lö/jj/HB).Gewerkschaften können einen Unterlassungsanspruch gegen tarifwidrige Arbeitszeitregelungen einzelner Betriebe geltend machen.Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied am Dienstag in Kassel, daß dies auch für einzelvertragliche "Regelabsprachen" gilt, wenn diese auf eine kollektive Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat zurückgehen.Auch derartige Umgehungsversuche seien ein Eingriff in die Tarifautonomie, heißt es in dem Grundsatzbeschluß zu dem sogenannten Burda-Modell.Voraussetzung für den von der IG Medien geltend gemachten Unterlassungsanspruch sei allerdings die Tarifbindung des Arbeitgebers, urteilten die Arbeitsrichter.Im Fall der Burda-Druckerei muß dies das Landesarbeitsgericht in Freiburg allerdings noch prüfen; das Unternehmen hatte nämlich im Prozeß argumentiert, es sei nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes und daher nicht tarifgebunden (Az.: 1 ABR 72/98).

Auf Klagen gegen ein Energietechnik-Unternehmen im Rheinland entschied das BAG gestern weiter, daß die Tarifvertragsparteien auch rückwirkend einen Verstoß gegen die Tarifautonomie durch einen entsprechenden Tarifvertrag "heilen" können.Entscheidend für die zurückliegenden Lohnansprüche sei dann, inwieweit die Arbeitnehmer noch auf einen Bestand der ursprünglichen Tarifregelung vertrauen konnten.

Unter Vorsitz von Gerichtspräsident Thomas Dieterich standen vier Beschlußverfahren zur Erörterung, die einen Grundsatzstreit des Tarifrechts betreffen.Lange umstritten war der Unterlassungsanspruch einer Gewerkschaft im Falle einer tarifwidrigen Betriebsvereinbarung, also die Frage, ob sie gegen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gerichtlich vorgehen kann.Antragsteller in den Verfahren waren die IG Medien, die Gewerkschaft Holz und Kunststoff sowie die IG Bauen-Agrar-Umwelt; Antragsgegner waren neben dem Verlagshaus Burda eine Möbelfabrik und zwei Bauunternehmen.Die Entscheidung des BAG wurde mit Spannung erwartet, denn es scheint eine nicht seltene Praxis zu sein, daß Arbeitgeber und Betriebsrat Vereinbarungen treffen, die gegen das Tarifrecht verstoßen.Im Fall Burda hatten Arbeitgeber und Betriebsrat eine Vereinbarung geschlossen, in der einerseits der Arbeitgeber auf eine Standortverlagerung verzichtete.Andererseits wurde eine Erhöhung der Arbeitszeit von 35 auf 39 Stunden bei Lohnausgleich für nur zwei Stunden vereinbart.

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