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Bewertungsportale: Tricksereien bei der Hotelsuche

Viele Verbraucher lesen erst Bewertungen im Netz und buchen dann ihr Hotel. Missbrauch inklusive.

Das Beispiel ist amüsant und erschreckend zugleich: Das Schönste an dem Düsseldorfer Hotel sei der „Blick aufs weite Meer“, schrieb ein angeblicher Gast an verschiedene Hotelbewertungsportale. Einigen Anbietern fiel tatsächlich nicht auf, dass die Stadt zwar am Rhein, keinesfalls jedoch am Meer liegt – und veröffentlichten die Bewertung.

Am Mittwoch beginnt in Berlin die Reisemesse ITB. Bis Sonntag stellen sich Reiseveranstalter, Urlaubsziele und Hotels vor. Doch wer Erfolg haben will, muss nicht nur auf der Messe punkten, sondern auch im Internet – bei den Bewertungsportalen. Online-Bewertungen haben großen Einfluss darauf, welches Hotel ein Reisender bucht.

Mehr als die Hälfte der Befragten gaben in einer Studie für den Verband Internet Reisevertrieb an, dass Online-Bewertungen für sie sehr wichtig seien. Nahezu alle Befragten vertrauen Kommentaren, Bildern oder Videos, die frühere Hotelgäste auf den Portalen einstellen. „Neben Lage, Preis und persönlicher Empfehlung sind die Online-Bewertungen in der Tat ein wichtiges Kriterium für die Gäste“, bestätigt Tobias Warnecke vom Hotelverband IHA.

Die Betreiber der Portale legen deshalb großen Wert auf ihr Qualitätsmanagement. Holidaycheck, eine der großen Vermittlungsplattformen im deutschen Markt, beschäftigt nach eigenen Angaben Dutzende Mitarbeiter, die Bewertungen auf ihren Wahrheitsgehalt hin prüfen. Die Vorauswahl trifft ein Computerprogramm. Von fünf fingierten Bewertungen durch Stiftung Warentest, die vom Blindtext über Lobeshymnen bis hin zu völlig unpassenden Angaben zur Lage reichten, filterte das Portal vier heraus. Wettbewerber Zoover entdeckte alle Fakes, teilweise aber erst, nachdem sie bereits veröffentlicht waren. Von Google raten die Tester grundsätzlich ab, weil Kommentare nicht gegengecheckt würden.

Für die Bewertungsportale ist es existentiell, dass die eingestellten Kommentare authentisch sind. Sie leben von der Glaubwürdigkeit ihrer Nutzerdatenbank. Doch auch die besten Filter können offenbar nicht verhindern, dass falsche Bewertungen ihren Weg auf die Plattformen finden – wie das eingangs genannte Beispiel zeigt, das Tester des ZDF für die Sendung „Wiso“ im vergangenen Jahr erlebten.

Für die Hotellerie sind Bewertungsportale wie Holidaycheck oder Tripadvisor und Buchungsportale wie HRS oder Booking eine zweischneidige Sache. Auf der einen Seite sind sie ein Vertriebskanal mit wachsender Bedeutung. Rund ein Fünftel der Buchungen laufe inzwischen über die reinen Buchungsportale, sagt Tobias Warnecke, Fachreferent beim Hotelverband. Hinzu kommt, dass die reinen Bewertungsportale immer häufiger auch Hotelangebote vermitteln, um ein Stückchen von der Buchungsprovision abzubekommen. Ein Beispiel: Mietet ein Reisender über ein Buchungsportal, erhält dieses einen bestimmten Satz des Preises. Leitet eine Bewertungsplattform den Kunden zunächst an ein Buchungsportal weiter, kassiert auch dieses eine Provision.

Auf der anderen Seite wollen sich die Hoteliers nicht zu abhängig von den Portalen machen. Zwar komme man in der Regel gut miteinander aus, sagt Warnecke. Doch am Ende sei für Hotelbetreiber sowohl die Buchung als auch die Bewertung über die eigene Homepage mehr wert. Das habe aber nichts damit zu tun, dass die Hoteliers bei den Portalen keinen Einfluss auf die veröffentlichten Bewertungen haben. Vereinzelt komme es zwar vor, dass Gäste in Hotels nach einem Upgrade oder anderen Vergünstigungen fragten – unter Androhung einer schlechten Benotung im Netz. Das sei aber die absolute Ausnahme. „Mehr als 90 Prozent der Bewertungen sind positiv.“ Umgekehrt werden immer wieder Vorwürfe laut, Hotelbetreiber versuchten mit fingierten Bewertungen ein freundlicheres Bild von ihren Häusern zu zeichnen. Oder der Konkurrenz mit Negativurteilen die Kundschaft zu vergraulen. Verbraucherschützer sehen jedoch keine Anzeichen für eine massive Täuschung. Es gebe kaum Beschwerden in diese Richtung. „Die Portale können durchaus als Orientierung dienen“, sagt Beate Wagner, Reiserechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Urlauber sollten sich aber nicht auf einen Anbieter beschränken, sondern das favorisierte Hotel bei mehreren Portalen anschauen. Dennoch: Wer später Ärger mit seinem Hotelier hat, kann sich kaum auf Einträge in Bewertungsportalen berufen.

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