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Es muss nicht "Kundin" heißen: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden.

© dpa/Uli Deck

BGH-Urteil zu weiblicher Anrede: Die Verhältnisse sind wichtig, nicht die Formulare

Eine Kundin darf im Formular als "Kunde" bezeichnet werden, sagt der BGH - und weist die Klage einer 80-Jährigen ab. Warum die Richter damit richtig liegen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Sie hat gekämpft, argumentiert, gestritten - und verloren. Der Bundesgerichtshof hat Marlies Krämer abblitzen lassen. Die Seniorin hatte geklagt, weil sie auf den Formularen ihrer Sparkasse nicht länger als "Kunde" angesprochen werden wollte, sondern als "Kundin". Die männliche Rede verletze sie in ihren Frauenrechten, hatte die 80-Jährige argumentiert.

Vergeblich. Denn die Bundesrichter haben geurteilt wie erwartet. Sie sehen keine Diskriminierung in der Anrede. Der "Kunde" sei keine männliche Formulierung, sondern geschlechtsneutral. Generisches Maskulinum heißt das in der Grammatik, so meint "der Leser", "der Zuschauer", "der Chef" eben nicht nur männliche, sondern auch weibliche Mitbürger und Mitbürgerinnen. So wie "die Katze" auch Kater umfasst.

Das stimmt. Insofern zeugt es von guten Deutschkenntnissen und einigem Pragmatismus, dass der BGH alles beim alten lässt. Der Wirtschaft ersparen die Richter damit die Aufgabe, alle alten Formulare einzustampfen und sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie man neue Formulierungen findet.

Ohnedies hätte man so das Pferd von hinten aufgezäumt. Sprache folgt der Gesellschaft. Wer Frauen Gerechtigkeit verschaffen will, muss dafür sorgen, dass sie für gleiche Arbeit gleichen Lohn bekommen, muss Wert darauf legen, dass Frauen Führungspositionen bekommen und muss generell sicherstellen, dass Frauen nicht schlechter behandelt werden als Männer. Ist das geschafft, folgt die Sprache. Wenn Frau ihren Mann steht, ist das Fräulein Vergangenheit.

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