zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Billig fliegen will gelernt sein

Experten beurteilen die Pläne der Berliner Billigfluglinie Germania, der Lufthansa dauerhaft auf innerdeutschen Strecken Konkurrenz zu machen, skeptisch. Die Gesellschaft, die der Lufthansa im Augenblick einen aggressiven Preiskampf liefert, sei nicht optimal aufgestellt, um das Geschäft durchzuhalten, sagte Rigas Doganis, ehemaliger Chef der griechischen Olympic Airways und renommierter Luftfahrtexperte, dieser Zeitung.

Experten beurteilen die Pläne der Berliner Billigfluglinie Germania, der Lufthansa dauerhaft auf innerdeutschen Strecken Konkurrenz zu machen, skeptisch. Die Gesellschaft, die der Lufthansa im Augenblick einen aggressiven Preiskampf liefert, sei nicht optimal aufgestellt, um das Geschäft durchzuhalten, sagte Rigas Doganis, ehemaliger Chef der griechischen Olympic Airways und renommierter Luftfahrtexperte, dieser Zeitung.

Nicht nur die Berliner Fluglinie sucht im Augenblick in einem Billigkonzept ihr Heil. Auch die Deutsche BA, Tochterunternehmen der britischen Fluggesellschaft British Airways, soll zu einer Billigfluglinie umgebaut werden. Die Firmen hoffen, dadurch die Krise nach den Terroranschlägen vom 11. September überstehen zu können. Vorbild ist die irische Fluggesellschaft Ryanair, die mit innereuropäischen Billigstflügen den Markt aufmischt. Dennoch ist Ryanair zur Zeit die profitabelste Fluglinie Europas.

Die Germania hat angekündigt, ab April ihre Frequenzen zwischen Köln und Berlin zu verdoppeln, und vom Winter an auch die Strecke zwischen Berlin und München zu fliegen. Die Deutsche BA will "ihr Geschäftsmodell drastisch ändern" und ebenfalls billigere Preise anbieten.

Der Markt ist da: Anders als in Großbritannien oder den USA, wo Ryanair oder Southwest zusammen mit anderen Billigfliegern bereits ein Viertel des Marktes erobert haben, hat die preiswerte Fliegerei auf innerdeutschen Strecken noch Seltenheitswert. "Das Potenzial für Billigflieger in Deutschland liegt bei 25 bis 30 Prozent", sagt Professor Andreas Knorr, Luftfahrtexperte von der Universität Bremen. Zwar werben die meisten Billigflieger um andere Kunden als die der Lufthansa: Sie wollen der Straße und der Eisenbahn Konkurrenz machen. Die Preise der Kranich-Gesellschaft würden jedoch auf jeden Fall unter Druck kommen, sagt der Luftfahrtexperte Doganis.

Allerdings ist es zweifelhaft, ob die neuen Konkurrenten diesen Markt wirklich erschließen. Denn weder die deutsche BA noch die Germania sind typische Billigflieger. "Die Germania hat in Deutschland nur eine Chance, wenn sie das Konzept von Ryanair exakt kopiert," sagt Doganis. Die Berliner erfüllen zwar viele der üblichen Erfolgskriterien der "No-frills-Flieger", das sind Flüge, auf denen es keine Extras gibt. Sie gilt als die Fluggesellschaft mit den niedrigsten Gehältern in Deutschland. Buchungen sind nur per Telefon oder Internet möglich. Allerdings ist Germania hauptsächlich im Chartergeschäft tätig. Der Reiseveranstalter TUI kauft ihr in der Regel rund 75 Prozent der Flugkapazitäten ab. Und das Urlaubsgeschäft will sie auf keinen Fall aufgeben, sagt Mustafa Muscati, Geschäftsführer der Gesellschaft. Linienverkehr und Charter, meint er, "wird uns Synergien bringen".

Experten sehen das jedoch als Problem."Billigflieger können nur Erfolg haben, wenn sie sich ganz klar auf ihren Nischenmarkt konzentrieren, der Charter ausschließt. Sonst erzielen sie nicht die nötigen Kostenersparnisse", sagt David Gillen, Luftfahrtökonom der University of Berkeley in Kalifornien. Das sieht auch Uwe Weinreich so, Luftfahrt-Analyst bei der Hypo-Vereinsbank. "Die Germania hat nicht die Gewinnmarge, die eine richtige Niedrig-Kosten-Gesellschaft generieren muss". Dazu müsse sie zumindest Flughäfen mit niedrigen Landegebühren wie Frankfurt/Hahn ansteuern. Davon hält Germania-Eigentümer Hinrich Bischoff jedoch gar nichts. Weinreich vermutet, Germania verfolge die Billigstrategie nur vorübergehend, da sie in der derzeitigen Flaute im Chartergeschäft Kapazitäten frei hat. Der Meinung ist auch Hans-Martin Niemeier von der Uni Bremen: "Wenn Germania nicht 100 Prozent auf Niedrigkosten setzt, ist es nur ein Start up der aktuellen Krise, das nach der Konsolidierung schnell verschwinden wird."

Bischoff ärgert das: "Wir sind voll ausgelastet". "Es ist eine neue strategische Linie, die wir fahren", ergänzt Germania Manager Muscati. "Wenn kein Fiasko entsteht, womit wir nicht rechnen, bleiben wir dabei."

Der Kampf gegen die Lufthansa hat der Germania jedenfalls jetzt schon etwas gebracht: "Seit sich die Lufthansa um uns bemüht und fast hysterisch reagiert, haben wir einen Bekanntheitsgrad erreicht, an den wir nie gedacht haben".

Gewerkschaften leisten Widerstand

Nun will auch die Deutsche BA billiger fliegen. "Das Geschäftsmodell wird drastisch geändert werden" hieß es diese Woche. Zwar wollte die Deutsche BA einen Bericht der Financial Times Deutschland nicht offiziell bestätigen, sie werde nach dem Modell von Ryanair zum Billigflieger umgebaut. In London hieß es jedoch, man überlege im Rahmen des British-Airways-Sparprogramms, einige Charakteristiken der Billigflieger zu übernehmen. Häufig scheitern die Billig-Töchter der großen Fluggesellschaften jedoch - und zwar an den Gewerkschaften. Denn "sie führen alle niedrigere Löhne ein", sagt Luftfahrtexperte Andreas Knorr von der Uni Bremen. "Die Gewerkschaften forden dann fast immer eine Angleichung innerhalb des Konzerns." Auch wegen zu hoher Lohnforderungen sind zum Beispiel die Töchter von United Airlines, "Shuttle by United", und der Continental Airlines, "Continental Light", eingestellt worden. Auch die Lufthansa scheiterte Ende der Neunziger Jahre an den Gewerkschaften mit einem Billigflieger-Projekt. Steffen Kühhirt, Verhandlunsgführer bei Verdi für die Deutsche BA, kündigte an: "Wir werden versuchen, einen Umbau zur Billig-Airline zu verhindern."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false