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Wirtschaft: Billigbrötchen mag nicht jeder

Handwerksbäcker behaupten sich gegen Discounter

Berlin - Alt gegen Neu – das gibt es nicht nur bei Autos und Rasierern. Auch der Berliner Bäcker Wiedemann hat damit zuletzt für Aufsehen gesorgt, als er alte Brötchen gegen frische umtauschte – und das sogar ohne Aufpreis. Mit Kreativität und eigenen Sonderangeboten haben sich die Handwerksbäcker gegen die unschlagbar erscheinende Konkurrenz von Discountern und Backshops behauptet. Fast schon euphorisch blickt die Branche auf das vergangene Jahr zurück. „Man kann wieder von einem Handwerk mit goldenem Boden sprechen“, sagt Hans-Joachim Blauert, Obermeister der Berliner Bäckerinnung.

Jahr für Jahr schrumpften die Umsätze, jetzt sind sie wieder leicht gestiegen. Nach den vorläufigen Zahlen des Zentralverbands des deutschen Bäckerhandwerks legten sie 2005 im Vergleich zum Vorjahr um etwa ein Prozent auf knapp 11,8 Milliarden Euro zu. Die Anzahl der Beschäftigten blieb bei etwa 274 000 stabil. Es wurde mehr ausgebildet, 34 750 Menschen waren im vergangenen Jahr beim Bäcker in der Lehre. Und erstmals wurden in Berlin wieder mehr Bäckereien gegründet als geschlossen.

„Wir hatten einen massiven Verdrängungswettbewerb, der nun sein Ende findet“, sagt Obermeister Blauert. In den 50er Jahren gab es in der alten Bundesrepublik etwa 55 000 Bäckereien. Heute sind es nur noch rund 17 200. Während immer weniger Betriebe weitermachten, stieg jedoch die Zahl der Filialen. Unter den Bäckereien gab es einen regelrechten Standortkrieg um die besten Plätze.

In diesem harten Konkurrenzkampf verschwanden seit den 90er Jahren bis zu 50 Betriebe pro Jahr vom Berliner Markt. „Diese Zeiten sind vorbei. Die verbliebenen Bäckereien haben sich etabliert und verdienen wieder Geld“, so Blauert. Die Betriebsgründungen 2005 seien dafür ein Zeichen. „Die Spaltung des Marktes ist abgeschlossen“, sagt Blauert. „Wer nur auf den Preis schaut, kauft bei den Discountern oder den zahlreichen Backshops. Wer auf Qualität setzt, geht zum Bäcker.“

Im vergangenen Jahr war die Angst unter den deutschen Bäckern groß, mit dem EU-Beitritt Polens von Billigbrötchen überrollt zu werden. Polnische Bäckereien hatten angekündigt, ihre Brötchen zu zehn Cent verkaufen zu wollen, das Brot für 99 Cent. Doch der Grenzverkehr von polnischen Backwaren ist bislang überschaubar, die Invasion ist ausgeblieben. „Die Angst hat sich inzwischen relativiert“, sagt Blauert. „Die polnischen Preise gleichen sich an. Außerdem sind die Backwaren nicht mehr so frisch, wenn sie erst noch durch Deutschland transportiert werden“.

Henning Zander

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