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Billigflieger: Fluggemeinschaft

Air Berlin und Tuifly verständigten sich auf Eckpunkte einer Allianz. Für die Fluggäste könnte das höhere Ticketpreise bedeuten.

Berlin - Vor einem Jahr waren es die hohen Öl- und Kerosinpreise, jetzt ist es die Wirtschaftskrise insgesamt, die stetig sinkende Fluggastzahlen nach sich zieht: Der Druck auf die Fluggesellschaften hält an. Und Air Berlin, die Nummer zwei in Deutschland und Nummer 25 weltweit, sucht Rettung in einer weiteren großen Kooperation. Am Dienstag teilte Air Berlin mit, eng mit der Billigfluglinie Tuifly zusammenarbeiten zu wollen.

Nach monatelangen Verhandlungen habe man sich nun auf Eckpunkte geeinigt, hieß es. Air Berlin will sich demnach mit bis zu 20 Prozent an Tuifly beteiligen. Die Londoner Tui-Travel, in der der Touristikkonzern Tui sein Reiseveranstalter- und Fluggeschäft bündelt, soll im Gegenzug bis zu ein Fünftel der Air-Berlin-Aktien kaufen. Die Aufsichtsratsgremien und Kartellbehörden müssen der Verbindung noch zustimmen. Gleichwohl gilt das Geschäft schon jetzt als weiterer Schritt in der lange erwarteten Konsolidierung am deutschen Ferienflugmarkt.

Der gemeinsamen Strategie zufolge will Air Berlin künftig die Städteverbindungen der Tuifly übernehmen und dafür die Maschinen und Besatzung von Tuifly mieten. „Wir bekommen so besseren Zugang zu den Zielen Köln, Stuttgart und Italien“, sagte Air-Berlin-Sprecher Hans-Christoph Noack. Für die Sonnenziele, die Air Berlin ansteuert, hätte das Geschäft keine unmittelbaren Folgen.

Die Aktie von Air Berlin legte nach Bekanntwerden der Pläne um bis zu zehn Prozent zu, notierte bei Börsenschluss allerdings knapp 0,3 Prozent leichter bei 3,43 Euro.

„Wir sehen die Gespräche im Prinzip positiv“, sagte Luftfahrt-Analyst Frank Skodzik von der Commerzbank in Frankfurt. Air Berlin könne Synergien heben. „Und Tuifly entledigt sich mit dem Citynetz seines größten Verlustbringers“, sagte Skodzik.

Jürgen Ringbeck, Airline-Experte der Beratungsfirma Booz & Company, nannte die Partnerschaft einen logischen Schritt. „Die Rezession trifft nicht nur die Automobil- und die Stahlindustrie. Die Fluggesellschaften müssen mit weiter sinkenden Passagierzahlen rechnen. Diese Krise geht auch an den Billigfliegern nicht vorbei.“ Der Luftfahrtexperte unterscheidet zwei Marktsegmente: Zum einen den Charterbereich, in dem Veranstalter nicht nur einzelne Sitzplätze in Flügen, sondern komplette Urlaubspakete vermarkten und zum anderen die Einzelvermarktung von Flügen für Städte- oder Geschäftsreisen. Bei Charterflügen ist die Tui stark, bei Linienflügen Air Berlin, erklärte Ringbeck. „Derzeit verschmelzen beide Segmente“, sagte er weiter. Es komme immer seltener vor, dass Veranstalter komplette Maschinen chartern, vielmehr buchten sie immer häufiger Kontingente. „Daher macht eine Partnerschaft Sinn.“

Air Berlin hatte sich in den vergangenen Jahren immer wieder Wettbewerber einverleibt oder war Kooperationen eingegangen. Allein die mit Tuifly dürfte Air Berlin im Jahr 380 bis 400 Millionen Euro mehr Umsatz bringen. Im August 2006, kurz nach dem Börsengang, hatte die Gesellschaft die Städtefluglinie dba geschluckt; im März 2007 sicherte sie sich 49 Prozent an der Schweizer Fluggesellschaft Belair. Im August 2007 übernahm Air Berlin dann die Düsseldorfer Fluggesellschaft LTU und bietet seitdem auch erstmals Langstreckenflüge an.

Während die Integration der dba als weitgehend abgeschlossen gilt, sperren sich Teile der LTU-Belegschaft weiter. Bei den derzeit laufenden Tarifverhandlungen mit Air Berlin sei die Lage „sehr, sehr angespannt“, sagte Markus Kirschneck von der Pilotenvereinigung Cockpit dem Tagesspiegel. Was die nun angekündigten Zusammenarbeit mit Tuifly angeht, sagte der Gewerkschafter: „Wir müssen abwarten, wie sich das Ganze entwickelt. Unsere Zielsetzung ist natürlich, dass man mit dem vorhandenen Personal vernünftig umgeht.“

Ziel der Kooperation ist es nach einhelliger Expertenmeinung auch, höhere Ticketpreise durchzusetzen. „Wenn die Konsolidierung gelingt, ist mittelfristig damit zu rechnen“, sagte Andreas Knorr Luftfahrtexperte der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer. Allerdings sei der Preisdruck derzeit angesichts sinkender Auslastung hoch. „Ich sehe die Gespräche eher als heroischen Versuch zweier Airlines, wieder hochzukommen. Ich bin aber skeptisch, ob das gelingt“, sagte Knorr.

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