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Wirtschaft: Billigkonkurrenz treibt Merck in die Enge

Berlin (pet). Die Konkurrenz billiger Nachahmerprodukte für sein umsatzstarkes Diabetes-Medikament Glucophage hat den Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck im zweiten Quartal stark belastet.

Berlin (pet). Die Konkurrenz billiger Nachahmerprodukte für sein umsatzstarkes Diabetes-Medikament Glucophage hat den Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck im zweiten Quartal stark belastet. Der operative Gewinn sank um 44 Prozent. Als Konsequenz kündigte der Konzern ein Sparprogramm und Stellenabbau an. Die von einigen Analysten erwartete Gewinnwarnung für das Gesamtjahr blieb aber aus.

Der Darmstädter Konzern leidet wie viele andere Pharmakonzerne unter den Folgen des Patentablaufs (siehe Lexikon, Seite 16) für ein wichtiges Medikament. Nach dem Ende dieses exklusiven Vermarktungsrechts können Konkurrenten eigene, wirkstoffgleiche Medikamente zu einem deutlich günstigeren Preis auf den Markt bringen. Der Umsatz des Originalproduktes bricht innerhalb kurzer Zeit um bis zu 80 Prozent ein. Merck hatte den Patenschutz für seinen bisherigen Hauptumsatzträger Glucophage nach Auskunft des Unternehmens bereits im März 2000 verloren. Durch einen juristischen Kniff war es dem amerikanischen Vermarktungspartner Bristol-Myers-Squibb aber gelungen, die exklusive Vermarktungszeit für Glucophage im wichtigen US-Markt zu verlängern: Der Konzern ließ das Mittel auch für Kinder zulassen. Am 28. Januar 2002 lief der Patentschutz endgültig aus. Schon einen Tag später drängten Billigkonkurrenten mit eigenen Produkten auf dem Markt. Auch ein weiterer Trick von Merck, der in der Branche durchaus üblich ist, konnte den Umsatzeinbruch nicht verhindern. Der Pharmakonzern hatte um das Diabetes-Mittel eine Produktfamilie (Glucophage XR und Glucovance) mit jeweils neuen Patentlaufzeiten aufgebaut.

Merck hat die Folgen des Patentablaufs im zweiten Quartal dennoch bitter zu spüren bekommen. Insgesamt sank das operative Ergebnis im Vergleich zum Vorjahresquartal um 44 Prozent auf 142 Millionen Euro (im Pharmabereich sogar um 75 Prozent), der Umsatz ging um 3,4 Prozent auf rund 1,9 Milliarden Euro zurück. „Die Rekordergebnisse des letzten Jahres verzerren die aktuellen Resultate“, sagte Merck-Chef Bernhard Scheuble. Außerdem hätten Währungseinflüsse zu dem Umsatzrückgang im zweiten Quartal geführt. Eine Stärkung des Euro oder ein zunehmender Abwärtstrend der Weltwirtschaftkönnten auch das angezielte Jahresergebnis negativ beeinflussen. Für die zweite Jahreshäfte erwartet der Konzern aber eine Verbesserung von Umsatz und Gewinn im Pharmabereich.

Der vorsichtig positive Ausblick war einer der Gründe, warum die Börse die Zahlen dennoch mit einem Aufschlag belohnte. Bis zum Dienstagnachmittag stieg der Kurs mit demBranchentrend um gut fünf Prozent auf 21,01 Euro. „Die Zahlen waren nicht so schlecht wie erwartet,“, sagte eine Frankfurter Marktbeobachterin. „Die nach dem Patentablauf erwartete kleine Gewinnwarnung ist ausgeblieben.“

Erfreut zeigten sich Analysten über die Entwicklung im Geschäftsbereich Chemie. Hier stieg der Umsatz im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 7,8 Prozent auf 464 Millionen Euro, das operative Ergebnis um 16 Prozent auf 76 Millionen Euro. Das Unternehmen begründetet das mit einer gestiegenen Nachfrage nach Großbildschirmen auf Flüssigkristallbasis für Computer und Fernseher. Merck produziert diese Flüssigkristalle. „Das Unternehmen hat gezeigt, dass es im Moment eher eine Chemie-Company als eine Pharma-Company ist“, sagte Analyst Andreas Theisen von der WestLB.

Um die Gewinneinbußen im Glucophage-Geschäft so weit wie möglich auszugleichen, will Merck jetzt die Kosten drücken. Allein durch Umstrukturierungen der Pharmaproduktion erwartet das Unternehmen ein jährliches Einsparpotenzial von über 50 Milliarden Euro. Die Zahl der Mitarbeiter – derzeit sind es gut 34 600 weltweit – soll bis Ende dieses Jahres um rund ein Prozent sinken.

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