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Wirtschaft: Biotech-Branche wächst auf niedrigem Niveau

Die deutsche Biotechnologiebranche hat im vergangenen Jahr zum ersten Mal mehr als eine Milliarde Euro umgesetzt. Damit setzt die Branche ihr Wachstum fort - im Gegensatz zu früheren Jahren geht die Zahl der Neugründungen jedoch zurück.

Die deutsche Biotechnologiebranche hat im vergangenen Jahr zum ersten Mal mehr als eine Milliarde Euro umgesetzt. Damit setzt die Branche ihr Wachstum fort - im Gegensatz zu früheren Jahren geht die Zahl der Neugründungen jedoch zurück. Zu diesem Ergebnis kommt der Deutsche Biotechnologie-Report 2002, der am Dienstag von Forschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) in Berlin vorgestellt wurde.

Die Biotech-Unternehmen sind nicht so stark von der anhaltenden Krise an den Aktienmärkte betroffen wie die Informationstechnik-Unternehmen. Dennoch leiden auch sie unter der wachsenden Skepsis der Anleger, vor allem aber der Risikokapitalgeber. Zwar ist nach wie vor kein Bio-Therapeutikum auf dem Markt, das von einem deutschen Biotech-Unternehmen entwickelt wurde. Aber die Zahl der Therapeutika, die in deutschen Labors entwickelt werden, hat sich im vergangenen Jahr auf 183 verdoppelt. Daraus schließt die Forschungsministerin, dass es in den kommenden Jahren eine Reihe marktreifer und zugelassener Produkte geben wird.

Die Zahl der Firmengründungen ging im vergangenen Jahr deutlich zurück. Statt dessen wurde eine wachsende Zahl von Übernahmen, Fusionen und Kooperationen gemeldet. Auch die Zahl der Insolvenzen ist gestiegen. Die verbliebenen Unternehmen wachsen jedoch weiter: Die Umsatz- und Mitarbeiterzahlen sind 2001 um jeweils 30 Prozent nach oben gegangen. Mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes der Branche entfällt auf wenige börsennotierte Firmen.

Innerhalb der Unternehmen hat sich der Trend zur Entwicklung von Produkten und weg von Technologie-Dienstleistungen fortgesetzt. "Die deutsche Biotechnologiebranche befindet sich in einem anhaltend dynamischen Wachstumsprozess", sagte Forschungsministerin Bulmahn, "das enorme wissenschaftliche Potenzial wartet nur darauf, in vermarktungsfähige Produkte umgesetzt zu werden." Die finanziellen Voraussetzungen dafür haben sich allerdings im vergangenen Jahr verschlechtert. Risikokapital-Geber waren aber auch 2001 mit 525 Millionen Euro die Hauptfinanzierungsquelle der Biotechnologie.

Einige wenige Unternehmen konnten den Kapitalrückgang durch erhöhte Geschäftstätigkeit ausgleichen, die hohen Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung führten aber dazu, dass sich der Gesamtverlust der Branche im Vergleich zum Jahr 2000 um 66 Prozent auf 411 Millionen Euro vergrößerte. "Die hohen Verluste sind aufgrund der erheblichen Anfangsinvestitionen nicht ungewöhnlich", sagte Alfred Müller von der Unternehmensberatung Ernst & Young, die den Report erstellt hat.

Die Mehrheit der 365 Kernunternehmen ist im Bereich der "roten", medizinisch orientierten Biotechnologie tätig und entwickelt Therapeutika, Molekulardiagnostika und Gewebestoffe. 61 der 183 Therapeutika in der Pipeline befinden sich bereits in der klinischen Testphase. Zweitstärkster Bereich ist die "grüne" Biotechnologie mit Anwendungen in der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie. Lediglich sechs Prozent der Geschäftsfelder zählen zur "grauen" Technologie mit Entwicklungen im Bereich Feinchemikalien und molekulare Umweltdiagnostika.

Vergangenes Jahr arbeiteten insgesamt 14 408 Menschen in der deutschen Biotech-Branche, die meisten in Bayern. Mit 88 Firmen nimmt das südliche Bundesland nach wie vor die Spitzenstellung ein, gefolgt von Baden-Württemberg (64) und Nordrhein-Westfalen (43). Berlin rangiert mit 41 Unternehmen an vierter Stelle.

Die zunehmende "Reife" der deutschen Biotech-Industrie spiegele sich nach Ansicht von Forschungsministerin Bulmahn auch in der deutlichen Zunahme von Patentanmeldungen und Auslizenzierungen. Die Zahl der angemeldeten Patente stieg in den letzten zwei Jahren um 88 Prozent, die Lizenzvergaben sogar um 173 Prozent.

Nach wie vor sind allerdings die USA und Großbritannien die Spitzenreiter in der Biotechnologie. In den USA sind dreimal so viele Unternehmen angesiedelt. Sie beschäftigen dreimal soviele Mitarbeiter beschäftigen und erwirtschaften den sechsfachen Umsatz. Forschungsministerin Bulmahn ist sich aber sicher: "Wir sind auf bestem Wege, uns international Marktanteile zurückzuerobern."

clk

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