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Wirtschaft: Bizarre EU-Agrarpolitik

Kennt Frankreich denn keine Scham? Nun, der am Donnerstag erreichte Agrarkompromiss könnte ein Hinweis dafür sein, dass ein Rest noch vorhanden ist.

Kennt Frankreich denn keine Scham? Nun, der am Donnerstag erreichte Agrarkompromiss könnte ein Hinweis dafür sein, dass ein Rest noch vorhanden ist. Frankreich hat doch noch den Weg für eine Reform der berüchtigten gemeinsamen Agrarpolitik freigemacht, um nicht dafür verantwortlich gemacht zu werden, dass die Welthandelsrunde scheitert und die ärmsten Länder dieser Erde mit ihren landwirtschaftlichen Produkten weiter von den Märkten der Industrieländer ausgeschlossen bleiben.

Statt der bisher in der EU üblichen Praxis, Landwirte dafür zu bezahlen, dass sie Landwirtschaft betreiben, sollen diese künftig – unabhängig von ihrer Produktion – dafür Geld erhalten, dass sie Landwirt spielen. Die europäischen Bauern werden künftig dafür bezahlt, dass sie nett zu ihren Tieren sind, die Umwelt schützen und die Standards in Sachen Lebensmittelsicherheit einhalten.

Nach dem alten System garantierte die EU den Bauern einen Mindestpreis und kaufte die Überschüsse auf. Das führte dazu, dass die EU ihren Agrarmarkt gegen von außen kommende Produkte schützen musste, was eine Liberalisierung des Handels undenkbar machte. Also wäre der einzige Weg, den Handel ohne eine Explosion der Agrarkosten zu öffnen, der gewesen, endlich die Landwirte nicht mehr dafür zu bezahlen, dass sie Landwirtschaft betreiben.

Einer Einstellung oder auch nur Kürzung der Subventionen hätte Frankreich aber nie zugestimmt. Deshalb fiel der Vorschlag der EUKommission, der in dem jetzigen Kompromiss zum Teil enthalten ist, so bizarr aus. Die Landwirte erhalten mehr oder weniger feste Zahlungen, ohne dass sie dafür Landwirtschaft betreiben müssen. Nun sollte es der EU leichter fallen, bei den im September im mexikanischen Cancún anstehenden WTO-Verhandlungen einer Handelsliberalisierung zuzustimmen. Aber: Die Entkopplung der Subventionen von der Produktion geschieht nur teilweise und in manchen Fällen sogar freiwillig. Die Franzosen haben sich zudem ihren Anteil an den Zahlungen gesichert. Doch mal abgesehen von dem eigenartigen System und den erheblichen Verzerrungen, zu denen es führen muss, scheint die Reform die Chancen zu verbessern, dass die WTO-Verhandlungen zu einer Liberalisierung des Agrarmarktes führen könnten.

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