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Eine knappe Milliarde Verlust machte Blackberry allein im letzten Quartal. Foto: Reuters

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Blackberry: Der Touchscreen kommt zu spät

Der kanadische Blackberry-Konzern baut ein Drittel der Arbeitsplätze ab und will sich künftig auf Profi-Nutzer konzentrieren.

Ottawa - Mit der Ankündigung eines massiven Stellenabbaus und eines operativen Verlusts im zweiten Geschäftsquartal von annähernd einer Milliarde verschärft sich die Krise beim kanadischen Smartphone-Pionier Blackberry. Der Verkauf des im Januar präsentierten Touchscreen-Modells Z10, das den Weg in eine bessere Zukunft bahnen sollte, blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück.

Nach Berichten über einen drastischen Stellenabbau, die seit Mitte der Woche kursierten, war die Belegschaft in Waterloo, 100 Kilometer westlich von Toronto, auf das Schlimmste eingestellt. Dennoch war es ein Schock, als Blackberry-Chef Thorsten Heins, ein früherer Siemens-Manager, die Hiobsbotschaft verkündete. 4500 der gegenwärtig rund 12 000 Mitarbeiter müssen bis zum Frühjahr 2014 das Unternehmen verlassen; vor fünf Jahren waren es 17 000 Mitarbeiter.

Heins sprach von „schwierigen, aber notwendigen operativen Veränderungen“. Die operativen Kosten sollen bis Mai 2014 halbiert werden. Den erwarteten Verlust für das zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2014, das am 31. August endete, gab Blackberry mit 930 Millionen bis 960 Millionen US-Dollar an. Die Einnahmen liegen bei 1,6 Milliarden Dollar, etwa die Hälfte dessen, was Analysten erwartet hatten. Endgültige Zahlen werden am kommenden Freitag vorgelegt. Die Blackberry-Aktie verlor am Freitag 17 Prozent.

Der wesentliche Grund für die dramatische Lage des Unternehmens, das einst den Markt mit der Einführung des Handcomputers revolutionierte, ist der schwache Absatz der neuen Modelle mit dem Betriebssystem Blackberry 10, die im Januar eingeführt wurden. Das Management erwartet, dass im zweiten Quartal rund 3,7 Millionen Smartphones verkauft wurden. Zum Vergleich: Apple wollte allein in den ersten Tagen sechs Millionen seiner neuen Smartphones verkaufen. Die Konkurrenz von Apple und Samsung erdrückt den einstigen Marktführer. Das Unternehmen sucht nach „strategischen Alternativen“, wozu der Verkauf von Teilen oder des ganzen Unternehmens gehört.

Marktbeobachter sehen die Lage zunehmend prekärer. „Patient auf Intensivstation“, meint Iain Grant von der Consulting-Firma Seabord Group. Ähnlich drastisch formuliert es Colin Gillis von BGC Partners. „Das Unternehmen ist von einer Klippe gestürzt. Was will man erwarten, wenn man sich selbst zum Verkauf anbietet. Wer will sich an eine Plattform binden, die möglicherweise bald geschlossen wird?“

Gängige Ansicht ist, dass Blackberry zu spät auf neue Trends, insbesondere den Touchscreen, reagiert hat. Die Einführung der Blackberry-10-Serie, die in der vergangenen Woche um zwei Modelle erweitert wurde, kam auf dem Smartphone-Markt, auf dem die Nutzer bereits in Scharen zu anderen Anbietern wechselten und Blackberry Marktanteile verlor, zu spät. Jetzt will Heins das Unternehmen schlanker machen. Das Smartphone-Portfolio soll von sechs auf vier Geräte reduziert werden, zudem wollen sich die Kanadier auf Unternehmens- und Profi-Nutzer konzentrieren. Noch kann Blackberry eine positive Zahl berichten: Das Unternehmen ist schuldenfrei und hat Rücklagen von 2,6 Milliarden Dollar. Ende des vergangenen Quartals waren es allerdings noch 3,1 Milliarden Dollar. Gerd Braune

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