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Wirtschaft: Börse: Das Phänomen Alan Greenspan

Was wäre Amerika ohne Alan Greenspan? Ohne den Mann, der wie kein Zweiter die Sprache der Börse versteht?

Was wäre Amerika ohne Alan Greenspan? Ohne den Mann, der wie kein Zweiter die Sprache der Börse versteht? Ohne großen Pathos dirigiert der US-Notenbankchef die Wall Street. Von Hause aus unaufdringlich und eher scheu - gesellschaftliche Verpflichtungen eines Zentralbankchefs sind ihm ein Graus - herrscht der Finanzstratege über Angst und Hoffnung des Kapitals. 74 Jahre jung und - wie man sieht - noch immer für eine Überraschung gut. Eine Kultfigur. Ohne ihn wäre der längste Aufschwung in der US-Wirtschaftsgeschichte undenkbar: Vollbeschäftigung, Preisstabilität und eine zehnjährige Hausse am Aktienmarkt. Bisher jedenfalls. Als kleines Dankeschön schlug US-Präsident Bill Clinton den Republikaner Greenspan bereits vor einem Jahr vorzeitig für eine weitere Amtszeit vor. Ernsthaft gibt es zu Greenspan, einem witzigen, humorvollen und integren Menschen, allerdings bislang auch keine Alternative. Seit Ronald Reagan den Sohn eines Börsenmaklers im Sommer 1987 zum Nachfolger von Ex-Notenbankchef Paul A. Volcker, zum "Chairman of the Board of Governors of the Federal Reserve System" berief, macht Greenspan - mancher kritischen Begleittöne zum Trotz - einen exzellenten Job.

Als "führenden Experten für milchigtrübe Ausdrucksweisen" hat die New York Times ihn einmal bezeichnet. Dabei geht der typische Greenspan-Auftritt so: Der Fed-Chef huscht fast unbemerkt in den Raum, im Laufschritt hinter ein Pult mit schwerem Tuch. Die wuchtige Brille lässt den schmalen, gebückt laufenden Mann noch mehr nach Eule aussehen, als er dies dank schütteren Haares und eingefallener Wangen ohnehin schon tut. Manche sagen, er sei eine Sphinx, weil er die Öffentlichkeit meidet, wo er nur kann. Andere erinnert der Mann mit dem fanatischen Arbeitseifer, der persönlichen Unnahbarkeit und der exzentrischen Großstadtneurotik eher an Woody Allen. Seine Emotionen gelten der Wirtschaft. Wenn er die beispiellose Erfolgsgeschichte der letzten zehn Jahre lobt, kippen die Chefredakteure ihre geplanten Titel zur Seifenblasen-Ökonomie der USA. Wem Greenspan traut, dem traut die Welt.

mo, rvr

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