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BÖRSEN Ausblick: Die 10 000 fest im Blick

Analysten raten zu Gewinnmitnahmen.

Nüchtern betrachtet ist es eine Zahl wie jede andere. Aber an der Börse geht es nun einmal nicht so rational zu wie oft behauptet. In den Köpfen der Anleger dreht sich alles nur noch um die runde Zahl: 10 000. Noch nie zuvor hat der Dax eine fünfstellige Höhe erreicht, nun ist sie in greifbarer Nähe. Es ist nur noch eine Frage der Zeit. Zwischenzeitlich lag der Dax bei fast 9800 Punkten. Nach einem gemächlichen Jahresauftakt bewegt sich der Deutsche Aktienindex wieder auf Rekordkurs. Die Zuversicht auf dem Börsenparkett ist beträchtlich. Hauptgrund: Es fehlen Anlagealternativen. Die Zinsen sind niedrig und werden es noch lange Zeit bleiben. Eher werden sie sogar noch weiter nach unten gehen. Selbst Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, für seine eher vorsichtigen Analysen bekannt, sieht auf mittlere Sicht keine deutlich erhöhte Inflation. Es gebe keinen Grund, Inflationsängste zu schüren. Damit könnte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins von derzeit 0,25 Prozent noch weiter drücken. Zudem zeigt sich wieder einmal, dass Anlageofferten mit hohen Zinsen riskant sind: Den Besitzern von Genussscheinen des angeschlagenen Windkraftanbieters Prokon drohen Verluste.

Die deutlich verbesserten Konjunkturaussichten in Europa und der Welt helfen den Aktien solider Unternehmen – und damit auch dem Dax, in dem die 30 wichtigsten börsennotierten Konzerne vertreten sind. Sie sind exportstark und dürften von einer erstarkten Weltkonjunktur besonders profitieren. Die deutlich gesunkenen Öl- und Rohstoffpreise sind dabei kein Nachteil. Zudem streben große Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen verstärkt an den Aktienmarkt. Sie müssen ihre in vielen Fällen noch niedrige Aktienquote erhöhen, um die notwendige Rendite erwirtschaften zu können.

Vielen Experten wird es trotz grundsätzlich positiver Einschätzung der Börsenentwicklung derzeit aber etwas mulmig zumute. Aktuell scheine zu viel Euphorie an den Märkten zu herrschen, heißt es bei der DZ-Bank. Mit Aktienkäufen solle man sich zurückhalten und auf Rücksetzer warten. Von Euphorie wie Anfang des Jahrtausends, als im Bus, in der S-Bahn oder im Fitnessstudio über heiße Aktientipps diskutiert und nahezu blind gekauft wurde, ist heute nichts zu sehen. Privatanleger bleiben vorsichtig. Neue private Aktienkäufer sind rar.

Auch Andreas Hürkamp von der Commerzbank rät zur Vorsicht. Er hält die Gewinnprognosen für deutsche Unternehmen für zu ambitioniert. Erst in einigen Monaten werde man klarer sehen. Mittel- und langfristig aber ist auch Hürkamp optimistisch. Für seinen Kollegen Markus Reinwand von der Helaba sind deutsche Titel mittlerweile zu teuer. „Aktien haben viel Positives vorweggenommen“, sagt er. Sein Rat: Steigende Kurse für Gewinnmitnahmen nutzen.

Andere Experten lassen sich nicht beirren. Aktien seien zwar nicht mehr so billig wie vor einem Jahr, betont Martin Schneider vom Vermögensverwalter Schaan Investment: „Aber das absolute Kursniveau sagt relativ wenig über Chancen und Risiken am Aktienmarkt aus.“ Entscheidend sei die selektive Auswahl ertragsstarker Unternehmen. Der Dax könne durchaus bis auf 11 000 oder 11 500 Punkte steigen. Zwischendrin sei es aber gut, auch mal zu verkaufen und Gewinne mitzunehmen. mit HB

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