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Wirtschaft: Börsenausblick: Neuer Markt braucht eine Schocktherapie

Die Kurse purzeln, geplante Börsengänge scheitern, institutionelle Investoren trennen sich ohne Rücksicht auf Verluste von Papieren des Neuen Marktes: Die Situation ist dramatisch, eine Wende nicht absehbar. In den Sog werden, anders als noch vor einigen Wochen, auch die Unternehmen gezogen, die bislang durch seriöse Planungen und ein funktionierendes Geschäftsmodell überzeugt haben.

Die Kurse purzeln, geplante Börsengänge scheitern, institutionelle Investoren trennen sich ohne Rücksicht auf Verluste von Papieren des Neuen Marktes: Die Situation ist dramatisch, eine Wende nicht absehbar. In den Sog werden, anders als noch vor einigen Wochen, auch die Unternehmen gezogen, die bislang durch seriöse Planungen und ein funktionierendes Geschäftsmodell überzeugt haben. "Alles muss raus" lautet die Devise.

Der Zeitraum, der für notwendig gehalten wird, bis eine anhaltende Erholung eintritt, wird immer länger: "Man braucht viel Geduld, um die nächste Aufschwungphase abzuwarten", sagt Rolf Drees von Union Invest. Unternehmen und auch die Deutsche Börse sind seiner Meinung nach gefordert, Konsequenzen aus der Misere zu ziehen. Jörg Pluta von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) fordert sogar "einen Neuanfang". Dazu müssen diejenigen, die schnell Kasse machen wollten, verschwinden, Emissionshäuser, Börse und Abschlussprüfer müssten konsequenter und die Kontrolle strikter werden, glaubt der Aktionärsschützer. Nach Plutas Meinung werden aber auch die Selbstreinigungskräfte des Marktes dazu beitragen, "die schwarzen Schafe" auszusondern.

Darauf hofft zwar auch Stefan Schießer, Neuer-Markt-Experte bei der GZ-Bank. Er kann sich aber auch durchaus vorstellen, dass Unternehmen von Seiten der Börse vom Kurszettel verbannt werden. Drees fordert sogar ein "eindeutiges Instrumentarium", um Unternehmen zu delisten: "Die Börse muss die Schrauben anziehen." Mindestgrößen bei Börsenkapitalisierung, Streubesitz, Handelsvolumina und Kursen könnten die Eckpfeiler einer solchen Regel sein. Bei der Börse selbst heißt es, dass das Thema Delisting zwar diskutiert werde, noch gebe es aber keine Entscheidung.

Lange sollte diese nach Meinung der Experten aber nicht mehr auf sich warten lassen, denn das Vertrauen schwindet von Tag zu Tag. Es sei "höchste Zeit", dass wirtschaftlich nicht mehr haltbare Titel aus dem Technologiemarkt verschwänden, sagt Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK). Ansonsten werde weiteres Vertrauen zerstört und der Markt immer weiter in die Tiefe gerissen.

Dass die Probleme des Segments jedoch nicht allein mit neuen Regeln zu lösen sind, liegt auf der Hand. Härtere Kontrollen und Sanktionen müssen die Regeln stützen, und "letztlich entscheidend ist das Verhalten der Unternehmen", sagt Drees. "Gewinn, Gewinn und noch mal Gewinn" ist seiner Meinung nach die beste Therapie für die Kurse. Wer an die Börse kommt, sollte bereits bewiesen haben, dass er dazu in der Lage ist.

Viele Experten gehen mittlerweile sogar davon aus, dass die Indizes demnächst die Marke von 1000 Punkten sogar noch unterschreiten werden. Auch nach dem Kurssturz vom Freitag - der Nemax-All-Share sackte um fünf Prozent auf 1297 Punkte ab, der Nemax 50 verlor sogar 6,6 Prozent auf 1193 Zähler, drohen also immer noch herbe Verluste. Ein solcher Aderlass eines ganzen Segments wurde in der Vergangenheit als Kaufsignal gewertet. In der aktuellen Situation rät kaum jemand zur Orderattacke.

Für Anleger heißt das, dass sie das Ende des Sturms abwarten sollten, bevor sie wieder einsteigen, sagen die Experten. Außerdem hätten gerade die letzten Wochen gezeigt, wie gefährlich das Investment in Einzeltitel ist. Gefahr droht den Kursen am Neuen Markt auch noch von der Nasdaq, die in der jüngsten Zeit trotz zahlreicher Gewinnwarnungen deutlich weniger nachgegeben hat, jedoch auch in der Hochphase gemäßigter wuchs. Eine weitere Korrektur in den USA würde auch ihre Spuren bei den Kursen in Frankfurt hinterlassen.

hof

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