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Erst ein Unternehmen gründen, dann Aktien kaufen, so rät es Börsenexperte Rüdiger von Rosen.

© Kai-Uwe Heinrich

Börsenexperte Rüdiger von Rosen: „Mit der 35-Stunden-Woche werden Sie nicht reich"

Rüdiger von Rosen hat sich sein Leben lang mit der Börse beschäftigt. Im Interview spricht er über den schnellsten, aber harten Weg zum Reichtum.

Herr von Rosen, womit wird man schneller reich: Aktien kaufen oder ein Unternehmen gründen?

Es gibt ja ein bekanntes Lied: Ich wär' so gerne Millionär! Manche haben es also auch mit Singen weit gebracht. Und die Gehälter von Fußballspielern sollte man auch nicht verachten. Oder schauen Sie sich mal das Einkommen von Dirk Nowitzki an!

Aber was mache ich, wenn ich weder singen noch Fußball oder Basketball spielen kann?
Der klassische Weg ist dann wohl immer noch das Unternehmertum. Das war schon immer so, auch früher waren es nicht die Professoren oder Ärzte, die die größten Vermögen anhäuften, sondern der Zuckerbaron oder der Stahlbaron. Das ist allerdings auch heute noch ein Weg, der teilweise von großen Entbehrungen geprägt ist. Von der ersten Idee bis zur Umsetzung führt ein langer Weg. Das ist ein Prozess, bei dem viele auf der Strecke bleiben. Höchstens fünf Prozent der Gründer kommen durch.

Welche Entbehrungen meinen Sie genau?

Sicherheit zum Beispiel. Eine der größten Herausforderungen ist es wohl, das Risiko tragen zu können, das man als Unternehmer gerade in der Startphase auf sich nimmt. Man muss ja zunächst Geld einsammeln und Kapital bei Freunden und Bekannten oder auch professionellen Investoren aufnehmen.

Ich dachte eher an weniger Zeit für Familie und Freunde.
Das kommt erschwerend hinzu. Doch das ist in anderen Berufen ja ähnlich. Mit einer 35-Stunden-Woche kommen Sie heute nirgendwo mehr hin. Nicht mal als Journalist! In der Tat hat man als Unternehmer aber vom ersten Tag an 60-Stunden-Wochen oder mehr. Aber das empfindet vielleicht ja auch nicht jeder als Entbehrung. Denn schließlich hat man dafür auch deutlich mehr Freiheiten als in anderen Jobs und ermöglicht sich dadurch immerhin die Chance, irgendwann mal ein total anderes Leben zu führen und einen Lebensstil zu pflegen, den es auf anderem Wege kaum zu erreichen gibt.

Dennoch klagen Experten, es werde noch immer zu wenig in Deutschland gegründet.
Das ist auch richtig. Denn der Unternehmergeist wird hierzulande viel zu wenig vermittelt. Schon in der Schule sollte man im Fach Wirtschaft – so es das überhaupt gibt – nicht nur lernen, volkswirtschaftliche Risiken zu analysieren. Es sollte ganz klar vermittelt werden: Wie gründe ich ein Unternehmen?

Darf ich Ihre Ausführungen so interpretieren, dass ich mit Aktien allein wohl nicht reich werde?

Um mit Aktien viel Geld verdienen zu können, braucht es eine Basis, auf der man aufbauen kann. Ein eigenes Unternehmen wäre etwa eine solche Grundlage. Am besten sollte man an der Börse nur Geld einsetzen, auf das man nicht angewiesen ist. Und man sollte sich genau über Vermögensanlagen informieren. Es gibt Studien, die zeigen, dass sich Deutsche im Schnitt 35 Stunden informieren, bevor sie sich ein Auto kaufen. Mit Vermögensanlage beschäftigen sie sich hingegen nur eine Stunde.

Rüdiger von Rosen ist inzwischen Rentner. Der heute 75-Jährige war bis Juni 2012 geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstituts
Rüdiger von Rosen ist inzwischen Rentner. Der heute 75-Jährige war bis Juni 2012 geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstituts

© privat

Welche sind denn die Zukunftsmärkte, auf die man setzen sollte?
Die wechselnde Zusammensetzung des Dax in den vergangenen 30 Jahren zeigt, wie dynamisch sich die Wirtschaft verändert. Im Moment würde ich mich fragen: Wie werden die digitalen Verkehrsmodelle der Zukunft aussehen? Wird es überhaupt noch individuellen Verkehr geben, wie wir ihn mit dem Auto kennen? Ich denke, dass es gerade in den Bereichen Biotech, Mobilität oder Informatik bald Weltmarktführer gibt, von denen wir jetzt noch gar nichts wissen. Doch das Wichtigste am Aktienmarkt ist, dass man langfristig denkt. Der historische Vergleich zeigt, dass Aktien auf die Dauer gesehen eine gute Anlage sind.

Muss ich studieren, um reich zu werden?
Ein klares Nein. Um im Unternehmertum groß zu werden, jedenfalls nicht. Und auch wenn man mal in kleineren Dimensionen denkt, verdient der Facharbeiter oder der Handwerker inzwischen meist mehr als die 50 000 Euro, die ein Akademiker im Jahr durchschnittlich nach Hause bringt.

Und was ist mit der guten deutschen Tugend des Sparens?

Es gibt ja den Spruch: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Aber das gilt heute absolut nicht mehr. Wer sein Geld mit einem Sparkassen-Sparplan anlegt oder auf die Zinsen des Tagesgeldkontos setzt, der bleibt im besten Falle bei seinem Status quo. Im derzeitigen Regelfall verringert sich sein Vermögen durch Minuszinsen und die Inflation sogar. Wenn man mit seinem Geld ohnehin nicht viel vorhat, dann sollte man davon lieber verreisen, als zu sparen. Denn das bildet. Es ist gewissermaßen ein Investment in sich selbst.

Rüdiger von Rosen war Vorstandssprecher der Deutschen Börse AG, Professor in Frankfurt am Main und bis Juni 2012 geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstituts.

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