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Wirtschaft: Börsenexperten sind uneins über ein mögliches Ende der Baisse

Die günstige Bewertung vieler Aktien könnte die Anleger wieder anlocken, glauben Optimisten. Skeptiker fürchten jedoch die labile Lage der US-Wirtschaft

Frankfurt (Main) (tmo/HB/pf). Trotz weiter schwieriger Börsenlage können die Aktienoptimisten immer mehr Argumente für eine erwartete Wende an den Märkten in die Waagschale werfen. Dazu zählen manche Experten neben relativ geringen Bewertungen der Papiere jetzt auch, dass die recht ungünstigen Konjunktur- und Unternehmensdaten in der jüngsten Zeit sowie die Eide der US-Firmenchefs auf ihre Bilanzen recht gut verkraftet wurden. Skeptiker verweisen dagegen auf nach wie vor vorhandene volkswirtschaftliche Ungleichgewichte, die eher für einen intakten Abwärtstrend sprechen.

In der vergangenen Woche ging es weiter aufwärts, obwohl die US-Notenbank eine weitere mögliche Zinssenkung andeutete, weil ein erneutes Abgleiten in die Rezession nicht auszuschließen sei. Der amerikanische Index S&P 500 beispielsweise liegt jetzt schon 16 Prozent über dem Fünfjahrestief von Ende Juli. Am vergangenen Freitag tendierte der Dow-Jones-Index knapp gehalten, während das Nasdaq-Börsenbarometer spürbar zulegte. Technologiewerte wie Dell Computer und Analog Devices stiegen nach guten Geschäftszahlen und -prognosen.

In Europa tendierten die meisten Indizes freundlich. Der hoch verschuldete Medienkonzern Vivendi Universal stand in Paris allerdings unter Abgabedruck. Gefragt waren vor allem Aktien von Unternehmen, die Kostensenkungen und Sparanstrengungen ankündigten. Dazu zählten insbesondere Deutsche Telekom und Julius Bär. Im deutschen Nebenwertesegment profitierten Bautitel von möglichen Aufträgen in Folge der Hochwasserschäden.

Eine Reihe von Marktexperten stützt ihre Einschätzung der internationalen Börsensituation auf einen Vegleich mit früheren Baissephasen. Das Ende einer Baisse sei immer durch eine „Kapitulation“ der Anleger gekennzeichnet, meint etwa die renommierte US-Investmentgesellschaft Legg Mason. Mit Blick auf den Verkaufsdruck, Investorenstimmung und Bewertungen sieht die Gesellschaft die Chancen für eine Bodenbildung (siehe Lexikon Seite 17) an den Aktienmärkten jetzt deutlich gestiegen. Noch deutlicher wird eine der größten amerikanischen Fondsfirmen: Für Putnam Investments sind Aktien jetzt extrem preiswert.

Eine echte Börsenrallye wird es nach Einschätzung von Richard Bernstein von Merrill Lynch aber erst dann geben, wenn die US-Notenbank Fed die Zinsen erhöht. Noch nicht überzeugt ist auch Vontobel Asset Management. Die Europastrategen halten einen Wechsel in das Lager der Optimisten für verfrüht. Man warte auf gute Nachrichten aus der Wirtschaft und auf einige gute Unternehmensdaten, heißt es.

An neuen Daten wird in der laufenden Woche kein Mangel herrschen. Am Dienstag stehen in den USA die Daten über Handelsbilanz und Haushalt an. Am Donnerstag folgen Zahlen zum Arbeitsmarkt, zum deutschen Wachstum im zweiten Quartal und zur Leistungsbilanz der Euro-Länder. Viel Neues wird es auch von Unternehmensseite geben. Am Dienstag berichten KPN und Sevenska Handelsbanken. Am Mittwoch publizieren Lufthansa und Deutsche Telekom, ferner Nestlé, Ciba und Axa Zahlen. Am Donnerstag stehen Linde, Thyssen Krupp, Bilfinger Berger, Fraport, daneben ING und Clariant an.

Die Skeptiker mit langfristigem analytischen Blick glauben nicht an die Szenarien der Optimisten. Sie richten ihr Augenmerk vielmehr auf einige fundamentale Ungleichgewichte in der Wirtschaft oder an den Märkten. Dazu gehören die extreme Verschuldung von Unternehmen und insbesondere der amerikanischen Haushalte in Verbindung mit den Aktienverlusten in Höhe von 7000 Milliarden Dollar seit Ende der Hausse im Frühjahr 2000. Auf die dadurch verursachte Schwächung des Konsums und der Investitionen weist unter anderem die SEB AG hin. Andere Häuser nennen als weiteren Risikofaktor das Überinvestment der ausländischen Investoren an den US-Wertpapiermärkten und die damit verbundene Anfälligkeit der Kurse und des Dollar.

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