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Wirtschaft: Börsenfieber: Der Abgeklärte: Jetzt Aktien kaufen

Freitag für Freitag schreiben abwechselnd unsere Kolumnisten über ihr Leben mit den Börsen. Der Heißsporn, der ohne tägliche Hektik nicht leben kann.

Freitag für Freitag schreiben abwechselnd unsere Kolumnisten über ihr Leben mit den Börsen. Der Heißsporn, der ohne tägliche Hektik nicht leben kann. Der Outsider, der die Macht der Börse im Alltag beobachtet. Der Zauderer, der den Aktienkauf bis heute nicht wagt. Und der Abgeklärte, der sich nie aus der Ruhe bringen lässt.

Ein großes deutsches Wirtschaftsmagazin hat vor rund einem Jahr eine Reihe von namhaften deutschen Vermögensverwaltern eingeladen, an einem Börsenspiel teilzunehmen. Jeder Teilnehmer hat ein fiktives Startkapital von einer Million Mark zur Verfügung gestellt bekommen. Unter realistischen Bedingungen - also zu jeweils geltenden Börsenkursen - sollten die professionellen Vermögensverwalter das buchmäßig anvertraute Vermögen nach besten Kräften mehren. Unter großem Werbeaufwand wurde das Spiel gestartet, damit der geneigte Leser dieses Magazins zukünftig mit gutem Gefühl sein Geld aus der Hand gibt und dergestalt verwalten lässt. Gemeldet haben sich fast 20 Teilnehmer. Leider haben sich die Vermögen dieses Spiels so entwickelt, wie sie wohl auch der ein oder andere Leser dieser Zeitung am eigenen Geldbeutel spürt. Innerhalb von elf Monaten wurde das Kapital im Durchschnitt aller Teilnehmer um 40 Prozent vernichtet, der Schlechteste hat sogar fast 80 Prozent verloren.

Deshalb bieten die ersten Institute seit einigen Tagen eine Lösung für den Leid geplagten, bundesdeutschen Kapitalanleger. Einige der an dem Spiel teilnehmende Banken sind nämlich gleichzeitig auch Emissionshäuser. Sie geben nun auch so genannte synthetische Wertpapiere heraus. Vieles davon ist bekannt, wie zum Beispiel Garantiezertifikate oder Indexanleihen. Neu ist aber das Reverse-Index-Zertifikat: Wer ein solch modernes Instrument bei seiner Hausbank ordert, gewinnt, wenn der Index fällt. Mit jedem Indexpunkt den etwa der Nemax 50 weiter in den Keller rauscht, steigt das Vermögen des Käufers um einen Euro.

Der durchschnittliche Mitspieler hätte - wenn es diese Anlagemöglichkeit schon gegeben hätte - mit diesem Instrument in diesen harten Börsenzeiten nicht verloren, sondern das Vermögen um die genannten 40 Prozent vermehrt. Mit geballter Kraft werden Geldhäuser versuchen, diese Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen. Denn jeder Aktionär hat doch langsam die Nase voll. Fast alle verhalten sich wie unser Kanzler und warten mit ruhiger Hand auf bessere Zeiten. Aber sie hoffen schon seit fast 18 Monaten, und auch im zweiten Herbst in Folge sieht es nicht nach Rallye aus.

Doch ist gerade die Herausgabe solcher Zertifikate und die entsprechende Nachfrage danach das erste gute Zeichen und gibt berechtigte Hoffnung für einen fulminanten Kursanstieg im Winter. Je höher die Nachfrage nach Baisse-Zertifikaten, desto wahrscheinlicher und kräftiger wird dieser Kursanstieg sein. Denn die Masse der Anleger und Berater liegt mit ihrer Meinung schief. Deshalb Finger weg von solchen Dingen, auch wenn die Versuchung noch so groß ist. Wer einen reichen Gabentisch haben will, kauft Aktien jetzt.

Thomas M. Pohlig

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