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Wirtschaft: Börsenfieber: Der Heisssporn: Das Börsenherz schlägt links, gnadenlos

Freitag für Freitag schreiben abwechselnd unsere Kolumnisten über ihr Leben mit den Kursen. Der Heißsporn, der ohne die tägliche Hektik nicht leben kann.

Freitag für Freitag schreiben abwechselnd unsere Kolumnisten über ihr Leben mit den Kursen. Der Heißsporn, der ohne die tägliche Hektik nicht leben kann. Der Outsider, der die Macht der Börse im Alltag beobachtet. Der Zauderer, der den Aktienkauf bis heute nicht wagt. Und der Abgeklärte, der sich nie aus der Ruhe bringen lässt.

Ob Profi oder Neueinsteiger: Wer in alter Kostolany-Manier sein Aktiendepot in den letzten Monaten verfolgte, konnte an immer weiter fallenden Kursen verzweifeln. Wer sich heute mit dem Argument "schlimmer kann es nicht werden" in seinen Sessel zurücklehnt, sei allerdings gewarnt: Das haben auch schon viele gesagt, als der Dax noch bei 6500 und der Nemax bei 3000 Punkten standen. Der Nikkei fiel inzwischen auf ein 15-Jahres-Tief, und über die Nasdaq wollen wir gar nicht erst reden.

Gehören Sie etwa zu den Spezialisten, die glauben, Verluste realisiert man einfach nicht? Oder sind die Aktien so tief gefallen, dass Verkäufe nur noch dumm sind? All jenen sei gesagt, dass jede Aktie immer noch um 50 Prozent fallen kann und danach nochmals um 50 Prozent. Denken Sie mal an die Telekom, an Intershop an Apple oder oder oder. Was ist in solch einer Situation besser? Erstens, versuchen, sich gegen Verluste zu wehren, oder, zweitens, Augen zu und durch? Die Antwort dürfte doch klar auf der Hand liegen.

Auch Beten, was für einige Neuaktionäre als letzte Hoffnung der Fundamentalanalyse galt, schien die fallende Tendenz der Märkte nicht aufzuhalten. Bei meinen Vorträgen, die ich in den letzten Tagen gehalten habe, habe ich mit Erschrecken festgestellt, wie viele Verluste gemacht wurden, nur weil es an Erfahrung mangelte oder weil Anleger auf die falschen Propheten gehört hatten. In diesem Fall gilt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Bestürzend finde ich aber, dass trotz der ungeheueren Verluste oft nicht gehandelt wurde. Jetzt ist es wohl an der Zeit, den Daytradern Respekt zu zollen und sie nicht als dumme Zocker abzustempeln.

Ich kann Ihnen aber auch ein wenig Hoffnung machen. Setzen Sie ihre Erfahrung mit Verlusten gewinnbringend ein! Handeln Sie, wenn Handeln erforderlich, besser noch notwendig ist! Sie erinnern sich bestimmt noch an unseren Wirtschaftsprofi, der da sagte, das Herz schlage links. Dass das Herz links schlägt, ist einigen Aktionären in den letzten Monaten schmerzhaft bewusst geworden.

Aber nicht nur Aktionäre, sondern ganze Aktiengesellschaften bekamen Herzflattern. Das ging bis in die Vorstandsetagen hinein. Denken Sie mal an Herrn Schrempp von Daimler-Chrysler, Herrn Schmidt von Mobilcom, Ron Sommer von der Telekom und viele andere. Dazu kann man nur sagen: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Das kommt davon, wenn Politiker sich um die Börse kümmern. Was wir brauchen, ist ein starker, aber kein übertriebener Aktienmarkt. Ich möchte darauf hinweisen, dass die deutsche Aktienkultur ein wichtiger Bestandteil unserer Wirtschaft ist und unser soziales Gefüge ausmacht.

Was heißt das für Sie als Anleger? Es ist sehr sinnvoll, einen Teil seines Vermögens in die Aktie zu investieren, solange keine Überhitzung erkennbar ist. Glauben Sie aber bitte nicht jedem "Möchtegern-Guru", der durch sein adrettes Auftreten sowie seine rhetorischen Fähigkeiten versucht, sie in seinen Bann zu ziehen. Er braucht Sie häufig nur als Käufer, um seine Aktien mit Gewinn abstoßen zu können. Seien Sie auf jeden Fall aufmerksam und vorsichtig, wenn Sie auf einer Welle mitreiten möchten.

Noch ein Tipp zum Schluss: Fallende Kurse sind nicht akzeptabel - es sei denn, Sie setzen darauf. Seitwärts ist auch nicht diskutabel, da sind Zinsen auf dem Sparbuch ja noch besser. Solange Aktien steigen, bleiben Sie dabei. Hauptsache ist, das Sie nicht gierig werden. 15 oder 25 Prozent Gewinn pro Jahr sind glänzend, das können Sie nicht jeden Monat haben. Lassen Sie sich die Freude am Handeln nicht nehmen!

Andreas Kosina

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