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Die drei Unternehmer von Rocket Internet.

© REUTERS

Börsenstart von Zalando und Rocket Internet: Ein Raketenstart sieht anders aus

Rocket Internet und Zalando überzeugen die Börse nicht. Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer ist aber dennoch zuversichtlich.

Gleich zwei Börsengänge von Berliner Internet-Unternehmen in einer Woche. Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) sieht den Schritt des Onlinehändlers Zalando und der Start-up-Schmiede Rocket Internet aufs Parkett als richtungweisend für die gesamte Szene. „Die beiden Börsengänge unterstreichen Berlins Bedeutung als europäische Start-up-Hochburg“, sagte Yzer am Freitag dem Tagesspiegel. Für die beiden Unternehmen markiere der Schritt aufs Parkett „nicht weniger als den Aufstieg in die Champions League“. Nicht nur wegen ihres enormen Volumens, auch durch die weltweite Aufmerksamkeit würden sie viele neue in- und ausländische Investoren anziehen. Das werde die Finanzierungschancen aller Berliner Start-ups verbessern.

Nachdem am Mittwoch zunächst der Online-Modehändler Zalando im Prime Standard an der Frankfurter Börse gestartet war, folgte am Donnerstag mit Rocket Internet das Unternehmen der drei Samwer-Brüder Oliver, Marc und Alexander. Eingenommen haben beide Unternehmen tatsächlich eine Menge: Rocket bis zu 1,6 Milliarden Euro, wenn die begleitenden Banken zusätzliche Aktien im Rahmen der üblichen Mehrzuteilungsoption kaufen sollten, bei Zalando könnten es gut 600 Millionen Euro werden. Bei beiden sollen die Erlöse in den Ausbau des Geschäfts fließen.

Doch vor allem bei Rocket, dem größten Börsengang in Deutschland seit sieben Jahren, gestaltete sich der erste Tag auf dem Parkett eher holprig. Den Ausgabepreis von 42,50 Euro konnte das Papier nicht halten. Binnen weniger Minuten stürzte der Kurs auf unter 37 Euro ab. Am Ende stabilisierte er sich auf dieser Marke – ein Raketenstart in die Champions League sieht dennoch anders aus. Mitgründer und Chef Oliver Samwer beschwichtigte. „Unser Unternehmen ist nicht fokussiert auf den ersten Kurs, auch nicht auf den der ersten Woche oder der ersten Monate“, sagte er. „Wir haben einen langfristigen Horizont – das hat uns in der Vergangenheit Erfolg gebracht und das wird uns auch in der Zukunft Erfolg bringen.“ Bei Zalando war das Börsendebüt kaum besser verlaufen. Die Papiere des Online-Modeportals, bei dem die Samwer-Brüder ebenfalls Großaktionäre sind, landeten nach einem Kurssprung am Ende auf dem Ausgabepreis von 21,50 Euro. Am Donnerstag büßte die Aktie dann sogar knapp zwölf Prozent auf 19 Euro ein.

Investoren glauben an eine Signalwirkung

Unter dem Rocket-Dach sind Start-ups mit Schwerpunkt auf Onlinehandel und Dienstleistungen gebündelt. In vielen Ländern, in denen sie tätig seien, sei das Internet noch kaum verbreitet. „Das heißt, das Wachstum kommt noch in der Zukunft“, erläuterte Oliver Samwer die seiner Ansicht nach vorhandenen Perspektiven des Unternehmens.

Ungeachtet des mäßigen Starts und der Unentschiedenheit der Anleger glauben Investoren an eine Signalwirkung. Zum einen – wie von Yzer beschworen – für die Berliner Start-up-Szene. Und zum anderen für die Börse in Frankfurt, wo durch das Platzen der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende viel Vertrauen in den deutschen Tech-Sektor verloren gegangen war. „Die beiden Börsengänge sind für die Berliner Szene ausgesprochen wichtig“, sagte Jason Whitmire, Partner des Berliner Risikokapitalgebers Earlybird, dem Tagesspiegel. „Am Standort London haben wir gesehen, welche enormen Impulse gelungene Börsengänge auf die gesamte Szene haben können. Rocket und Zalando könnten dasselbe für Berlin tun.“ Voraussetzung sei allerdings, dass sie sich weiterhin „exzellent entwickeln“. Denn negative Beispiele wie etwa das der Spielefirma King Digital, deren Kurs seit dem Börsengang im März knapp 40 Prozent eingebüßt hat, bewirkten natürlich das Gegenteil.

Die US-Unternehmen Google, Facebook, Amazon und Apple sind mehr wert als alle 30 Dax-Unternehmen zusammen

Derzeit würden viele deutsche Technologiefirmen immer noch US-Börsen vorziehen. Beispielsweise hatte vor einem Jahr der 3-D-Drucker-Hersteller Voxeljet aus Augsburg sein Debüt gegeben – in New York. Andere deutsche Start-ups gründen von vornherein in den USA. Experten sehen die Investitionsbereitschaft von Kapitalgebern dort ganz anders ausgeprägt als hierzulande. Das könnte sich nun ändern. „Hoffentlich sehen wir jetzt immer mehr Börsengänge auch in Frankfurt“, sagte Whitmire. „So können wir mehr Aufmerksamkeit auf deutsche Unternehmen lenken und mehr internationales Kapital anziehen.“

Die US-Unternehmen Google, Facebook, Amazon und Apple sind an der Börse mehr wert als alle 30 Dax-Unternehmen zusammen. Auch die Gründung eines neuen Börsensegments für junge Technologieunternehmen hält Whitmire für sinnvoll. Allerdings müsse dies anderen – strengeren – Regeln folgen als der Neue Markt um die Jahrtausendwende. „Es gibt hierzulande keinen Mangel an attraktiven Technologiefirmen“, sagt Whitmire. „Aber um zu wachsen, brauchen sie dringend Zugang zu mehr Kapital. Das müsste bei Bundeskanzlerin Angela Merkel eigentlich die Alarmglocken schrillen lassen.“ (mit dpa)

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