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Wirtschaft: Böse Überraschung für Peter Löscher

Die Korruptionsaffäre kostet Siemens bisher 1,8 Milliarden Euro. Jetzt ist auch der Gewinn eingebrochen

München - Das Ausmaß des Schmiergeldskandals bei Siemens hat selbst den heutigen Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher überrascht. „Ganz klar hatte ich dieses Ausmaß und die Breite nicht vor Augen, als ich meine Verantwortung übernommen habe“, sagte Löscher am Mittwoch in München. Die internen Ermittler haben in dieser Woche ihren aktuellen Bericht vorgelegt, wonach es in nahezu allen untersuchten Geschäftsbereichen und in zahlreichen Ländern Belege für Fehlverhalten gegeben habe. Bisher hat die Aufarbeitung der Korruptionsaffäre den Technologiekonzern bereits rund 1,8 Milliarden Euro an Anwalts- und Prozesskosten sowie Geldbußen gekostet. Wann die Affäre vollständig aufgearbeitet sein wird, dazu wagte Löscher keine Prognose. Die Verhandlungen mit der US-Börsenaufsicht SEC könnten sich noch viele Monate hinziehen, sagte er.

Doch der Konzernchef hat noch andere Baustellen zu bearbeiten: Missmanagement und Pannen in der Kraftwerks- und der Bahnsparte sowie die Kosten für den Umbau des zum Verkauf stehenden Telefonanlagengeschäfts SEN ließen den Siemens-Gewinn im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres um zwei Drittel auf 412 Millionen Euro einbrechen. Der Umsatz dagegen legte leicht um ein Prozent auf 18,1 Milliarden Euro zu.

Der seit zehn Monaten als Siemens- Chef amtierende Löscher sagte , er sei für die zweite Hälfte des Geschäftsjahres „verhalten optimistisch“. Siemens halte an dem Ziel fest, bis zum Jahr 2010 doppelt so schnell wachsen zu wollen wie die Weltwirtschaft, sagte Löscher. Dafür sind allerdings noch erhebliche Anstrengungen im zweiten Halbjahr nötig, denn nach den ersten beiden Quartalen kommt Siemens nur auf ein Plus von vier Prozent. Der Konzern erwartet aber in diesem Jahr ein weltweites Wirtschaftswachstum von drei Prozent.

Fest stehe, dass die Weltkonjunktur sich abschwächen werde, sagte Löscher. Offen sei nur, wie stark. „Wir gehen davon aus, dass die Folgen der Finanzkrise im Verlauf des kommenden Geschäftsjahres auch deutlicher in der Realwirtschaft ankommen werden.“ Beim Auftragseingang im Massengeschäft in Deutschland sehe Siemens bereits „erste Anzeichen zunehmender Vorsicht der Kunden“, sagte Löscher.

Die Börse reagierte positiv auf das Quartalsergebnis. Die Aktie legte drei Prozent auf 75,57 Euro zu. Mit einem Gewinneinbruch hatten die Börsianer bereits gerechnet. Am 17. März hatte Siemens eine Warnung ausgegeben. Nun sei der Einbruch nicht so schlimm ausgefallen wie befürchtet, sagte Analyst Frank Rothauge vom Bankhaus Sal. Oppenheim. „Die Zahlen sind sehr gut.“

Unterdessen treibt Siemens den Konzernumbau voran. Seit Jahresbeginn arbeitet das Unternehmen in den drei Sektoren Industrie, Energie und Gesundheit. Dass der Umbau nicht immer reibungslos und ohne Geräusche abgehe, sei klar, sagte Löscher. Um die Kosten weiter zu senken, sollen bis 2010 rund 1,2 Milliarden Euro im Vertrieb und in der Verwaltung eingespart werden. „Dort wird es ganz klar auch zu Personalabbau kommen“, sagte der Siemens-Chef, nannte aber keine Zahlen.

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