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Wirtschaft: Borussia Dortmund in der Hand der Anleger

Heute entscheiden die Anteilseigner des Stadionfonds Molsiris über den Sanierungsplan – Ablehnung bedeutet Insolvenz

Berlin - Im „Event Terminal, Halle ModulE“ des Düsseldorfer Flughafens treffen Michael Meier und Hans-Joachim Watzke an diesem Montagmorgen einige hundert Kapitalgeber. Es geht um die Zukunft von Borussia Dortmund. Die Borussia-Geschäftsführer Meier und Watzke müssen die Anleger des Immobilienfonds Molsiris von ihrem Sanierungsplan überzeugen. Gelingt das, dann steht der Sparplan, und die Fans der Schwarz-Gelben können auf bessere Zeiten Ende des Jahrzehnts hoffen. Gelingt das nicht, „so muss die Borussia Dortmund GmbH&Co. KGaA Insolvenzantrag stellen“, schreiben Meier und Watzke an die 5800 Anleger, die Anteile von Molsiris gekauft haben. Und nun zur Rettung des BVB für zwei Jahre auf Geld verzichten sollen.

Der Molsiris-Fonds, der zur Commerzbank gehört, besitzt 94 Prozent des Westfalenstadions. Der Stadionverkauf an den Fonds gehörte zu den vielen Maßnahmen, mit denen die BVB-Führung in den vergangenen Jahren Geldquellen erschloss – und den Verein ins Finanzdesaster führte. Insgesamt schuldet der Klub 67 Gläubigern Geld und taumelte immer weiter Richtung Abgrund. Wenn keine Sanierungsschritte gegangen werden, macht der Verein im laufenden Geschäftsjahr einen Verlust von knapp 70 Millionen Euro. So haben sich das die Aktionäre des einzigen börsennotierten deutschen Fußballvereins nicht vorgestellt: Bis Mitte dieses Jahres sind voraussichtlich rund 79 Prozent des von den Aktionären eingezahlten Kapitals von 179,5 Millionen Euro durch Verluste aufgezehrt – wenn nicht sofort Sanierungsmaßnahmen greifen. Die Gläubiger haben das Sanierungskonzept abgesegnet – es fehlt nur noch Molsiris.

Mindestens 75 Prozent der abgegebenen Stimmen müssen am heutigen Montag dafür sein, mindestens 15 Prozent des Fondskapitals müssen vertreten sein. Folgendes steht zur Abstimmung: Der BVB kauft 42,8 Prozent der Anteile am Stadion zurück; die Mittel dafür stammen aus einem so genannten Bardepot, in das seinerzeit der Großteil des Kaufpreises für das Stadion floss. Das Depot, in dem derzeit 52 Millionen Euro liegen, wird aufgelöst, der BVB erhält dadurch 42,8 Prozent der Stadionanteile zurück und neun Millionen Euro. Die Anleger bekommen eine Sonderausschüttung. Wer zum Beispiel 5000 Euro bei Molsiris angelegt hat, kriegt 2590 Euro ausgezahlt. Daraus ergibt sich eine Neukalkulation der Miete: Der BVB zahlt künftig weniger für das Stadion, und für die Jahre 2005 und 2006 gibt es keine Ausschüttung für die Anleger. Da die Ausschüttungen verschoben werden, steigt die Rendite für die Anleger in den folgenden Jahren. Nach einer Molsiris-Musterrechnung erhöht sich der Zinssatz von 10,42 Prozent im Jahr 2007 auf knapp 14 Prozent 2017, dem letzten Jahr der Laufzeit. Dann will der Verein auch die restlichen Anteile am Stadion zurückkaufen.

Wenn die Molsiris-Anleger dem Sanierungsplan der BVB-Geschäftsführer nicht folgen, ergibt sich folgendes Szenario: Das Bardepot wird aufgelöst und an die Anleger verteilt. Wer 5000 Euro gezahlt hat, bekäme 2900 Euro zurück. Die restlichen 2100 Euro müssten dann im Rahmen des Insolvenzverfahrens eingetrieben werden. Allzu viel dürfte dabei nicht rauszuholen sein.

„Die weitere Zukunft des BVB liegt nunmehr in Ihrer Hand“, schreiben die BVB-Geschäftsführer Meier und Watzke an die Molsiris-Anteilseigner. Über die Erfolgsaussichten der Sanierung werden Zahlen präsentiert und die sportlichen Erwartungen tief gehängt. Als Platzierung in der 1. Bundesliga werden für die laufenden Saison Platz 10 zugrunde gelegt sowie Platz 7 in den Folgejahren. Eine Teilnahme an internationalen Wettbewerben ist bis zur Saison 2009/10 nicht Grundlage der Planungen. Weitere Kernpunkte der Sanierung: Der Spieleretat sinkt ab der Saison 2006/07 auf 24 Millionen Euro von heute noch rund 33 Millionen. Ferner werden unveränderte Sponsoringerlöse und eine „Zuschauerauslastung auf jetzigem Niveau“ unterstellt. Also pro Spiel rund 80000 Fans im Westfalenstadion. Das ist wohl realistisch, denn die Krise hat die Treue der Borussen bislang nicht beeinträchtigt. Schließlich ist der BVB „einer der ältesten deutschen Traditionsvereine“, wie Meier und Watzke in ihrem Bittbrief an Molsiris schreiben.

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