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Wirtschaft: Branche im Wandel

Der Reisesektor steht vor neuen Herausfordeungen

Für viele ist Karstadt-Quelle nach wie vor nur ein Warenhaus. Doch das Traditionsunternehmen vollzieht momentan einen dramatischen Wandel vom Handelskonzern zu einem führenden Reiseveranstalter Europas – und wird damit zum ernstzunehmenden Konkurrenten für Marktführer Tui. So wird der erst vor wenigen Monaten von Karstadt-Quelle übernommene Touristikkonzern Thomas Cook in Kürze mit dem britischen Pauschalanbieter My Travel verschmolzen – und damit auf dem für die Reisebranche wichtigen britischen Markt stark vertreten sein. 60 Prozent des Jahresumsatzes bei Karstadt-Quelle stammen dann künftig aus dem Reisegeschäft.

Mit zwölf Milliarden Euro Jahresumsatz verringert der nun zur Nummer zwei in der Reisebranche aufgestiegene Thomas-Cook-Konzern deutlich den Abstand zu Marktführer Tui. Dieser setzte zuletzt gut 14 Milliarden Euro mit Reisen um. „Karstadt-Quelle ist durch den Kauf von Thomas Cook deutlich näher an Tui herangerückt“, sagt Zafer Rüzgar, Analyst bei Independent Research. „Ich schließe nicht aus, dass Karstadt-Quelle mittelfristig Tui überholen wird.“ Thomas Cook habe einen klaren Wettbewerbsvorteil, da der Konzern weitgehend saniert sei. Der Wettbewerber habe das noch vor sich. „Tui steht unter Zugzwang, hat aber derzeit zu viele Baustellen, etwa die Umstrukturierung der Fluggesellschaften“, sagt Rüzgar.

Konkurrenz droht jedoch auch von anderer Seite. „Das organisierte Reisegewerbe verliert Marktanteile“, urteilte die Dresdner Bank jüngst in einer Branchenstudie. Immer mehr Bürger buchten per Internet ihre Hotels und Billigflüge ins Ausland selbst. 2008 werden schon 40 Prozent aller Reisebuchungen über diesen Kanal laufen, prophezeit Christian Göke, Geschäftsführer der Messe Berlin. „Der eigenorganisierte Urlaub ist auf dem Vormarsch“, heißt es auch in einer zur ITB erschienenen Studie der DZ Bank. Vier von fünf Jugendlichen nutzten das Netz wie selbstverständlich. Fluggesellschaften und Hotels würden sich immer stärker direkt vermarkten, sagt DZ-Bank-Analyst Raimon Kaufeld.

Die Reisekonzerne reagieren, sagt Stefan Schöppner, der die Branche für die Dresdner Bank beobachtet. „Sie sind derzeit dabei, ihre Internetangebote auszubauen. Es wird bei ihnen also zunehmend einen Multi-Channel-Vertrieb geben.“

Der Markt lockt mit rekordverdächtigen Umsätzen. So gaben die Deutschen 2006 allein für Reisen ins Ausland 60,5 Milliarden Euro aus, so viel wie kein anderes Land. Dazu kommen laut Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft noch einmal etwa 30 Milliarden Euro für Inlandsreisen. jul/ysh

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