zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Brasilia schießt beim Verkauf von Telebrßs ein Eigentor

SAO PAULO ((abu/HB)).Geboten wurden Höchstpreise und alle Unternehmen fanden Abnehmer: Mit 19 Mrd.

SAO PAULO ((abu/HB)).Geboten wurden Höchstpreise und alle Unternehmen fanden Abnehmer: Mit 19 Mrd.Dollar war der Verkauf der brasilianischen Telekom-Holding und ihrer Töchter die größte Privatisierung des Jahres.Inmitten der Krise der Emerging-Markets bewies Brasilien, daß ausländische Unternehmen bereit sind, in den Telekommarkt des Landes zu investieren.Inzwischen ist die Euphorie abgeklungen.

Erst jetzt wird deutlich, daß der Staatsanteil im Telekomsystem immer noch erstaunlich hoch ist: Die staatliche Entwicklungsbank BNDES, die die Privatisierung organisiert hatte, ist über ihre Investmentbank BNDESPar in vier der regionalen Telekomgesellschaften (Teles) vertreten.Die staatlichen Pensionsfonds - wie Previ der Banco do Brasil oder Sistel des jetzt aufgelösten Telebrßs-Holding - treten mit der Entwicklungsbank und in eigenen Konsortien auf.

Bei sechs der zwölf neu gegründeten Boards der Teles sitzen die Fonds mit eigenen Vertretern.Das ist nicht ungewöhnlich: Bei allen entscheidenden Privatisierungen seit 1990, etwa im Stahlsektor oder der Petrochemie, waren die staatlichen Fonds oder die Entwicklungsbank beteiligt.Als Eigentor der Regierung stellt sich jetzt die Beteiligung des BNDES an der Festnetzgesellschaft Tele-Norte-Leste dar: In der neugegründeten Telekomgesellschaft wurden 16 bundesstaatliche Telefongesellschaften verschmolzen.Ihr Netz zieht sich von Rio de Janeiro bis in das Amazonas-Gebiet.Damit ist es eines der größten Festnetze Lateinamerikas.Ersteigert hat dieses Netz der brasilianische Bauriese Andrade Gutierrez für den Mindestpreis von drei Mrd.Dollar, hieß es nach der Privatisierung.Einige Tage später stellte sich heraus, daß hinter der Baufirma eine bunte Mischung einheimischer Unternehmen steckte, die keine Erfahrung im Telekomgeschäft hatten.Als Finanziers traten staatliche Pensionsfonds und zwei Versicherungsgesellschaften der Banco do Brasil, der größten Staatsbank Lateinamerikas auf.Gleichzeitig sickerte durch, daß die Banco do Brasil das Konsortium eingefädelt und Großkunden überredet hatte, sich an dem Konsortium zu beteiligen.Dabei handelte die Banco do Brasil auf Betreiben der Regierung, die verhindern wollte, daß nur ein Mitbieter - die italienische Telekom - das Festnetzunternehmen zum Mindestpreis erhalten sollte.Weil jedoch das unerwartete Fernbleiben der nordamerikanischen Bell-South die Strategie der Regierung durcheinanderbrachte, kam das Konsortium zum Preis von einem Prozent über dem Mindestpreis an das Netz.

Analysten kürten die Telemar-Aktie flugs zum "schwarzen Schaf" der Telekom-Aktien: Experten zweifelten, ob die neuen Eigner die gewaltigen Investitionen würden vornehmen können.Die Zweifler behielten recht: Das Konsortium war nicht in der Lage, eine Woche nach der Privatisierung 40 Prozent des Mindestpreises auf den Tisch zu legen und verlangte Unterstützung durch staatliche Banken.Der BNDES weigerte sich, diese Kredite zu geben.Statt dessen übernahm der BNDES 25 Prozent des Stammkapitals und garantierte so die erste Tranche.

In den nächsten sechs bis acht Monaten will der BNDES seine Anteile an ausländische Interessenten verkaufen."Damit macht die staatliche Bank genau das, was sie mit der Kapitalübernahme verhindern wollte", so der Kommentator Celso Pinto, "daß Finanzunternehmen ihre Investitionen kurzfristig ausnutzen, statt langfristig zu planen."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false