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Der Abbau geht weiter. Blick auf Vattenfalls Tagebau und Kraftwerkspark im südbrandenburgischen Jänschwalde.

© Patrick Pleul/dpa

Braunkohle in der Lausitz: Vattenfall will Verkauf des Kohle-Reviers besiegeln

Der Energiekonzern Vattenfall besiegelt am Montag den Verkauf des Braunkohlegeschäfts an EHP aus Tschechien. Greenpeace will demonstrieren.

Die anderthalb Jahre dauernde Hängepartie um die mittelfristige Zukunft des Lausitzer Braunkohlereviers findet ein Ende. Am Sonntag hat der Aufsichtsrat des schwedischen staatlichen Energiekonzerns Vattenfall in Stockholm über den Verkauf der Sparte beraten. Am Montagmorgen kommt das entsprechende Gremium der deutschen Tochtergesellschaft, die das Geschäft abwickeln muss, in Berlin zusammen. Vor der Zentrale an der Chausseestraße will die Umweltschutzorganisation Greenpeace eine Kundgebung abhalten. Auch sie hatte vor Monaten ein offizielles Gebot für die Sparte eingereicht – was die Schweden erwartungsgemäß schnell zurückgewiesen hatten.

EHP will die komplette Sparte und sämtliche Mitarbeiter übernehmen

Nun also steigt weißer Rauch auf in Stockholm und Berlin. Vattenfalls rund 8000 Beschäftigte und ihre Angehörigen in der Lausitz, die zwischenzeitlich allen Grund zur Verunsicherung hatten, wissen nun, woran sie sind: Es wird erwartet, dass der tschechische Energiekonzern EPH und die Investmentgruppe PPF die Sparte und die dazugehörigen Mitarbeiter übernehmen.

Brandenburgs Landesregierung reagierte schon bei Bekanntwerden des Deals erleichtert auf die Entscheidung für einen Verkauf an die EPH. Das Unternehmen – wie auch die meisten anderen Interessenten – habe einen professionellen Eindruck hinterlassen, hieß es aus der Landesregierung. Alle wüssten, worauf sie sich einlassen: Eine selbstbewusste Region mit einer starken Gewerkschaft, die IG BCE. Für EPH spreche aber das bisherige Engagement in Ostdeutschland, meint man in Potsdam.

Die Braunkohle ist der wichtigste heimische Energieträger

EPH ist als Eigentümer der Mibrag, die im mitteldeutschen Revier Braunkohle abbaut und in den Kraftwerken Schkopau und Lippendorf zur Stromgewinnung verfeuert, bereits auf dem deutschen Markt präsent. Die Braunkohle ist der wichtigste heimische Energieträger, aber wegen der hohen CO2-Belastung sehr umstritten. Mit der Übernahme der Vattenfall-Tochter würde die ostdeutsche Kohlewirtschaft komplett in EPH-Hand liegen.

Noch unklar ist, welchen Preis Vattenfall für seine Kohlesparte erzielen kann. Mehrfach waren die Verkaufsverhandlungen durch Spekulationen über einen möglichen Negativ-Kaufpreis belastet worden. Vattenfall stand unter Druck – wegen des sinkenden Strompreises und weil das Geschäft nicht mehr profitabel ist. Zu Beginn der Überlegungen über einen Verkauf vor mehr als zwei Jahren war noch von einer Preisspanne von bis zu vier Milliarden Euro die Rede.

In der Region hält sich die Trauer über Vattenfalls Rückzug in Grenzen

In der Lausitz hält sich die Trauer über Vattenfalls Rückzug mittlerweile in Grenzen. Nicht nur weil die Investitionen in den vergangenen Jahren deutlich zurückgefahren wurden. Wegen Vattenfalls Verlusten forderte der Konzern von Kommunen der Region zudem Millionenbeträge an vorausgezahlter Gewerbesteuer zurück. Hinzu kommen nun sogar Steuerbereinigungen, die bis ins Jahr 2006 zurückreichen.

Das Unternehmen hatte 2015 Abschreibungen von 1,6 Milliarden Euro für die Braunkohle-Sparte vornehmen müssen. Der Konzern begründet die Steuer-Forderungen mit fallenden Strompreisen, weshalb Wertberichtigungen für das Braunkohlegeschäft erforderlich seien. Bei den Rückforderungen geht es offenbar zudem darum, dass Vattenfall in Deutschland die Verluste im Zuge des von der Bundesregierung beschlossenen Atomausstiegs nun geltend macht. Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) wirft den Schweden „Steuerakrobatik“ vor. Der Konzern rechne sich arm und präsentiere Kommunen und Land „die Rechnung für Deutschlands Atomausstieg“.

Brandenburgs Wirtschaftsminister will Kohlegeschäft bis 2040 weiterlaufen lassen

Ist der Verkauf auch der Einstieg in den Kohleausstieg? Für Brandenburgs rot-rote Landesregierung darf es einen Turbo-Ausstieg aus der Kohle nicht geben, solange es keine stabile Stromversorgung aus erneuerbaren Energien gibt. Zudem pocht Brandenburg auf Unterstützung des Bundes für den Strukturwandel. Für den Tagebau Welzow-Süd II sind die Pläne und Genehmigungen weit gediehen – auch wenn Vattenfall eigene Bemühungen im Zuge der Verkaufsgespräche stoppte. Bis mindestens 2040 könnte das Geschäft laufen.

Die Grünen kritisieren derweil die mutmaßlichen Käufer EPH und die Investmentgruppe PPF. Für die klimapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Annalena Baerbock, handelt es sich um undurchsichtig agierende Finanz- und Energiekonzerne. Bei den Sanierungsrücklagen, laut Baerbock eigentlich eine „conditio sine qua non“, sei EPH immer vage geblieben. mit kph

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