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Wirtschaft: Breiter Widerstand gegen Ausbildungsabgabe

Selbst Gewerkschaften ziehen tarifliche Regelungen vor – Zahl der Ausbildungsplätze sinkt um 40 000

Berlin (ce/afk). Die von der rotgrünen Koalition geplante Ausbildungsplatzabgabe wird von einer Mehrheit der Länder abgelehnt. Die Gewerkschaften boten derweil den Arbeitgebern tarifliche Regelungen an, um so die Zwangsabgabe zu verhindern. Einen solchen Weg sieht das Gesetz vor. Auch Arbeitgebervertreter lehnten die Abgabe erneut ab. Bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag warf Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) der Union vor, keine konkreten Vorschläge zur Behebung der Lehrstellenmisere vorzulegen.

Unions-Politiker hoffen bei ihrem Widerstand gegen die Abgabe auf Unterstützung aus den SPD-Ländern. „Wir setzen darauf, dass die Union gemeinsam mit einigen SPD-Ländern das Gesetz stoppen kann“, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Dagmar Wöhrl (CSU), dem Tagesspiegel.

Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben Bedenken gegen die Abgabe. Alle drei Länder werden an diesem Freitag im Bundesrat zwar einem von der Unionsmehrheit vorgelegten Entschließungsantrag nicht zustimmen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, auf das Gesetzesvorhaben zu verzichten. In getrennten Erklärungen machen die drei SPD-Länder ihre Gründe deutlich. Rheinland-Pfalz, wo die SPD mit der FDP regiert, lehnt die Abgabe grundsätzlich ab, auch für die rot-grüne Regierung in Kiel ist die Abgabe „nicht der geeignete Weg, um sicherzustellen, dass Ausbildungsplätze in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen“. Nordrhein-Westfalen setzt wie Schleswig-Holstein auf freiwillige Lösungen. In beiden Länder gibt es entsprechende Aktionen mit den Sozialpartnern.

Derzeit ist das Gesetz so formuliert, dass es nicht der Zustimmung des Bundesrats bedarf. Die Länder können es per Einspruch nur verzögern und darauf setzen, dass die zur Zurückweisung des Einspruchs nötige Kanzlermehrheit im Bundestag nicht zu Stande kommt. Denn in Teilen der Koalition stößt die Abgabe noch auf Widerstand. Noch vor der Sommerpause – also spätestens im Juli – müssen die Abgeordneten im Bundestag bei der Verabschiedung des Gesetzes Farbe bekennen. Kämen im weiteren Verfahren die von den SPD-Ländern gewünschten regionalen Ausnahmeregelungen in das Gesetz, müsste hingegen der Bundesrat zustimmen. Damit wäre das Gesetz wegen der grundsätzlichen Ablehnung der Unionsländer gescheitert.

Bildungsministerin Bulmahn beklagte am Donnerstag den stetigen Rückgang an Lehrstellen in Deutschland. Dass jede neunte Lehrstelle staatlich finanziert sei, zeige die „schleichende Verstaatlichung“ der Berufsbildung. Nach neuen Angaben des Statistischen Bundesamtes sank die Zahl der neuen Ausbildungsverträge 2003 auf den niedrigsten Stand seit 1990. Mit rund 546 000 Jugendlichen haben demnach im vergangenen Jahr 3600 weniger einen neuen Vertrag abgeschlossen als im Vorjahr, obwohl die Zahl der Schulabgänger um rund zwei Prozent gestiegen sei. Insgesamt absolvierten damit zum Jahresende 2003 in Deutschland rund 1,58 Millionen Jugendliche eine Ausbildung im dualen System, 40 800 weniger als 2002.

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