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Wirtschaft: Bremsklötze an den Flügeln

Solar- und Windkraftfirmen haben ihre Erwartungen an den G-8-Gipfel heruntergeschraubt. Die Geschäfte laufen trotzdem prächtig

Berlin - Im Hof des Windanlagenbauers Nordex liegen die fertigen Rotorblätter aufgereiht. 2,60 Meter im Durchmesser, manche sind 45 Meter lang. Auf die meisten der weißen Glasfaserflügel wartet ein langer Transport, denn Windenergieunternehmen wie die Rostocker Firma verdienen ihr Geld zunehmend im Ausland. Bei Nordex beläuft sich die Exportquote auf rund 80 Prozent. Die Nachfrage in China wachse am schnellsten, in Frankreich sei Nordex bereits Marktführer, sagt Firmensprecher Felix Losada bei einer Werksbesichtigung für Journalisten.

Kurz vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm nutzt das Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern die mediale Aufmerksamkeit. Die Klimadebatte der vergangenen Wochen hat das Thema Erderwärmung auch auf die Agenda der deutschen G-8-Präsidentschaft katapultiert. Profitieren könnten davon deutsche Unternehmen, die im Bereich regenerative Energien aktiv sind. Das erste Quartal 2007 war für die Branche bereits überwiegend stark, sie blickt zuversichtlich in die Zukunft. Und wenn die sieben führenden Industrieländer und Russland übernächste Woche nun tatsächlich verbindliche Ziele zum Klimaschutz aushandeln?

„Uns nützt alles, was in diese Richtung vereinbart wird“, sagt Stefan Dietrich, Sprecher des Solarzellen-Herstellers Q-Cells in Thalheim. Aber an einen wirklichen Durchbruch glaubt er nicht: Mit Russland und den USA seien einfach zu große Bremsblöcke dabei. Besonders die Amerikaner sind nur schwer für konkrete Zielvorgaben und internationale Vereinbarungen zu gewinnen. Wichtiger ist für Q-Cells daher, wie die Europäische Union ihre Beschlüsse umsetzt. Beim ebenfalls unter deutscher Präsidentschaft stattfindenden EU-Frühjahrsgipfel Anfang März war vereinbart worden, bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen um 20 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Obendrein soll bis 2020 der Anteil erneuerbarer Energien am EU-Energiemix von jetzt 6,5 Prozent auf 20 Prozent steigen.

Ob sich die G-8-Regierungschefs in zwei Wochen beim Klimaschutz auf mehr als nur Absichtserklärungen einigen werden, ist unklar. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dämpfte diese Woche allzu große Erwartungen.

Das Berliner Solarunternehmen Solon begrüßt immerhin, dass das Thema überhaupt eine Rolle spielen wird. Aber „Beschlüsse, die morgen schon etwas ändern werden“, erwartet der Vorstandsvorsitzende Thomas Krupke nicht.

Der Mineralölkonzern Shell hat im Vorfeld des Gipfeltreffens ein Positionspapier erstellt. Darin werden die G 8 aufgefordert, klare und verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Unternehmen wie Shell konkrete Schritte zur Verminderung der CO2-Emissionen aufnehmen können. „Nur dann sind die Klimaschutzziele auch erfüllbar“, sagt Shell-Deutschland-Chef Kurt Döhmel.

Bei Repower, dem drittgrößten Hersteller von Windkraftanlagen in Deutschland, rechnet man nicht mit verbindlichen Zielen zur CO2-Reduktion. „In Heiligendamm wird das sicher schwieriger als auf europäischer Ebene“, sagt Repower-Sprecherin Daniela Puttenat. Doch sei es schon ein sehr wichtiger Schritt, dass das Thema überhaupt auf der Agenda stehe. „Angela Merkel hat recht, wenn sie sagt, dass die Industriestaaten hier vorangehen müssen“, sagt Puttenat.

Das Hamburger Unternehmen hat gerade den Markteintritt in den USA hinter sich – und setzt dabei auch auf ein Umdenken der US-Regierung. Anfang des Jahres kündigte Präsident George W. Bush an, den Benzinverbrauch der Amerikaner bis 2017 um 20 Prozent reduzieren und die Abhängigkeit vom Öl senken zu wollen. Die USA produzieren ein Viertel der Treibhausgase weltweit, die für die Klimaerwärmung verantwortlich gemacht werden. Mit fünf Prozent der Weltbevölkerung verbrauchen sie 25 Prozent des Öls. Aber auch US-Unternehmen wie der weltgrößte Konzern General Electric denken um. Bis 2010 will das Unternehmen 1,5 Milliarden Dollar in Wind- und Wasserenergie stecken.

Auch für Nordex sind die USA ein treibender Faktor. Die hohen Installationsraten in dem Land halfen dem Unternehmen, die Nachfrage nach seinen Produkten 2006 um 32 Prozent zu steigern.

Juliane Schäuble

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