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Wirtschaft: Brüssel prüft neue Verträge mit Autohändlern

Hersteller versuchen Neuordnung des Marktes zu umgehen

Frankfurt (Main) (hof/HB). Der Schlagabtausch zwischen EUWettbewerbskommissar Mario Monti und den Automobilherstellern geht in die entscheidende Phase. Sechs Wochen vor dem Inkrafttreten der neuen Regelungen zum Autovertrieb in der Europäischen Union hat Monti einige Produzenten zu einer Stellungnahme aufgefordert. Sie sollen strittige Klauseln in den Verträgen mit ihren Händlern erläutern. Sein Verdacht, der auch durch Klagen einiger Händlerverbände genährt wird: Die Hersteller versuchen, die Ziele der novellierten Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) in Einzelbereichen zu umgehen. Die neue GVO sollte Autokäufern und Händlern mehr Freiheiten garantieren.

Rückendeckung erhalten die Händlerverbände von Fachjuristen: Die Vertragsentwürfe seien zum Teil so händler- und damit kundenfeindlich, dass „der gesamte Liberalisierungseffekt der neuen GVO schon jetzt in der Auflösung begriffen ist", klagt Jürgen Ensthaler, Professor für Wirtschaftsrecht an der Uni Kaiserslautern. Die Hersteller dagegen reagieren mit Unverständnis auf die Vorwürfe. „Wir erörtern etwaige Probleme mit der Kommission und suchen schnell nach einer Lösung“, heißt es stellvertretend bei BMW. Die Zeit drängt: Anfang Oktober verlieren die alten Verträge ihre Gültigkeit, ein vertragsloser Zustand würde Handel und Werkstätten in eine prekäre Situation bringen. Daher haben die meisten Verbände ihren Mitgliedern unter Einschränkung die Unterschrift empfohlen – mit Erfolg.

Hohe Investitionen nötig

Dennoch wollen sie parallel in Brüssel bestimmte Vertragsklauseln prüfen lassen. Die größten Sorgen bereitet den Händlern und Werkstätten die Festlegung der Standards beispielsweise für Präsentation der Autos oder Ersatzteillager. Sie bedingen hohe Investitionen, die nach Berechnungen des Zentralverbands des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes allein 2004 die Budgets der Werkstätten mit rund einer Milliarde Euro belasten würden. Für die von Monti vorgesehene Möglichkeit, dass ein Händler mehrere Marken vertreibt, bilden die hohen Investitionen nach Meinung der Betroffenen eine unzulässige Hürde. Vom Tisch ist das Thema erst bei Daimler-Chrysler, Ford und einigen Importeuren. Sowohl die Händlerverbände von BMW und Mini sowie VW und Audi sind in Brüssel vorstellig geworden. Auch die Opel-Händler wollen Klauseln bei der EU prüfen lassen, das Unternehmen selbst wollte einen Brief aus Brüssel aber nicht bestätigen. Auch VW und Audi haben nach eigenen Angaben keine Briefe erhalten.

Verschärft werden die Probleme dadurch, dass die meisten Automobilkonzerne die Neufassung der Verträge benutzt haben, um ihr Margensystem zu verändern. Für die deutschen Händler bedeutet das meist eine geringere Grundmarge, die durch variable Bestandteile ergänzt wurde. Doch auch hier sind Investitionen die Voraussetzung. „Die Schere zwischen sinkender Vergütung und höheren Zusatzkosten für steigende Standards geht immer weiter auseinander“, kritisiert der Vorstandssprecher des Verbandes der VW- und Audi-Händler, Michael Lamlé.

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