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Wirtschaft: Brüssel verweigert Spediteuren Mautrückzahlung

EU: Anrechnung der Mineralölsteuer derzeit ohne Chance. Branche besteht aber auf einem Ausgleich von 600 Millionen Euro

Berlin - Die von der Bundesregierung geplanten Erleichterungen für Spediteure, die deutsche Autobahnen nutzen und auch hier tanken, werden von der EU-Kommission abgelehnt. „Wir haben nichts gegen das Prinzip der Kompensation an sich“, heißt es in Kommissionskreisen. Aber mit dem eingereichten Konzept sei das Risiko der Diskriminierung groß, denn die deutschen Spediteure könnten bevorzugt werden, erfuhr der Tagesspiegel aus der Kommission. Werde das System nicht mehr verändert, werde Brüssel ihm nicht zustimmen. Deshalb warte man derzeit darauf, dass vom Bundesverkehrsministerium ein neuer Vorschlag komme.

Die Auseinandersetzung geht um 600 Millionen Euro. Mit der Einführung der Lkw-Maut sollten die Spediteure diese als Ausgleich erhalten – über die Anrechnung der in Deutschland gezahlten Mineralölsteuer. Auf die Kompensation hatten sich Bundestag und Bundesrat verständigt. Ziel ist die Harmonisierung der europäischen Wettbewerbsbedigungen, denn deutsche Spediteure zahlen zum Beispiel höhere Fahrzeug- und Treibstoffsteuern. Eine Anrechnung der Mineralölsteuer sollten aber auch ausländische Fuhrunternehmer in Anspruch nehmen können – um den Vorwurf der Diskriminierung zu vermeiden.

Trotzdem gab es in der alten EU-Kommission unter Romano Prodi kaum Unterstützung. Die Hoffnungen lagen nun auf der neuen Kommission unter José Barroso. Aber auch hier wird jetzt schon seit Monaten ohne Ergebnis diskutiert. Die seit Januar eingeführte Maut liegt deshalb bei durchschnittlich 12,4 Cent je Kilometer. Ursprünglich waren 15 Cent geplant. Zur Harmonisierung trägt das aber nicht bei, weil alle Spediteure gleichermaßen davon profitieren.

In Berlin will man eine baldige Entscheidung der Kommission. „Wir haben die Erwartung, dass diese Frage in Brüssel schnell geklärt wird – und zwar noch in diesem Sommer“, sagte ein Ministeriumssprecher dem Tagesspiegel. Dazu würde auch eine Reihe von Expertengesprächen geführt. Zum Stand der Diskussion äußerte er sich nicht.

Es gebe keinen offiziell festgesteckten Zeitrahmen für eine Entscheidung zum deutschen Modell, heißt es nun in Kommissionskreisen. Die Zuständigkeit liegt dabei primär beim Verkehrskommissar Jacques Barrot. Eine Entscheidung muss aber von der Mehrheit aller Kommissare bestätigt werden. Und während Barrot dem Vernehmen nach wenigstens prinzipiell Sympathien für das geplante deutsche Modell hat, legt sich der Steuerkommissar László Kovács quer. Der juristische Dienst der Kommission wiederum scheint ebenfalls überwiegend Bedenken zu haben.

Das Speditionsgewerbe hat deshalb auch kaum noch Hoffnung. Alle Signale aus Brüssel deuteten auf eine Ablehnung, sagte Heiner Rogge, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) dem Tagesspiegel. Verkehrsminister Manfred Stolpe könne da kein Vorwurf gemacht werden. Der habe sich engagiert. Doch nach Rogges Informationen bewertet der juristische Dienst der EU das deutsche Konzept nur rein formalrechtlich positiv, vom Ergebnis betrachtet aber als indirekte Diskrimierung. Auch wenn ausländische Spediteure den Ausgleich über die in Deutschland gezahlte Mineralölsteuer theoretisch in Anspruch nehmen könnten, würde das nach Einschätzung der Juristen kaum einer tun. Schließlich sei Treibstoff – steuerbedingt – in vielen anderen Ländern billiger und die Menge, die von den Lastern mitgeführt werden darf, so groß, dass so gut wie kein Fahrer eine Tankstelle in Deutschland ansteuern werde – jedenfalls nicht, um Treibstoff zu kaufen.

Rogge forderte die Bundesregierung auf, gegebenenfalls vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu ziehen, sobald eine rechtsverbindliche Ablehnung aus Brüssel vorliege. Falls auch das nicht erfolgreich sei, müssten andere Ausgleichsmaßnahmen für die Branche eingeleitet werden. „Eine Anhebung der Maut auf die ursprünglich geplanten 15 Cent geht jedenfalls ohne Ausgleich nicht“, sagte Rogge. Das Ministerium müsse erst mit den Bundesländern zum einen – wie bereits in Aussicht gestellt – über die Absenkung der Kfz-Steuer für Spediteure auf das europäische Niveau sprechen. Das entspräche 100 Millionen Euro. Außerdem sollte, wie ebenfalls schon früher versprochen, der Kauf umweltfreundlicherer Lkws gefördert werden. Das wären noch einmal 150 Millionen Euro. Beide Maßnahmen hätten aber einen Nachteil, sagte Rogge. „Hier wird das Gießkannenprinzip angewendet. Alle Spediteure können davon profitieren, nicht nur die Unternehmen, die auf der Autobahn operieren und die Belastung durch die Maut haben.“

Ein weiteres Problem: Die Entlastung würde nicht wie geplant bei 600 Millionen Euro liegen. Rogge fordert deshalb, die Maut dann höchstens auf 13,6 oder 13,7 Cent je Kilometer zu erhöhen.

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