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Die deutsche Wirtschaft ist erstmals seit 2015 wieder leicht geschrumpft.

© Matthias Balk/dpa

Update

Bruttoinlandsprodukt: Deutsche Wirtschaft schrumpft erstmals seit mehr als drei Jahren

Im dritten Quartal ist die Wirtschaftsleistung Deutschlands um 0,2 Prozent gesunken. Zuletzt gab es Anfang 2015 einen Rückgang.

Die deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal zum ersten Mal seit dreieinhalb Jahren wieder geschrumpft. Belastet von schwächelnden Exporten und sinkenden Konsumausgaben der Verbraucher verringerte sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in einer ersten Schätzung in Wiesbaden mitteilte. Zum letzten Mal war die Wirtschaftsleistung im ersten Vierteljahr 2015 rückläufig. Damals war das BIP um 0,1 Prozent gesunken.

Bereits Anfang November hatten die Forscher des Kieler Instituts für Weltwirtschaft ein Minus von 0,3 Prozent prognostiziert. Auch die Commerzbank war bereits von einem Rückgang um 0,1 Prozent ausgegangen. Grund dafür sei vor allem, dass viele Autohersteller wegen des neuen Abgastestverfahrens WLTP ihre Produktion deutlich heruntergefahren hätten, so ein Konjunkturexperte der Commerzbank.

Sowohl die IfW-Forscher als auch die Commerzbank erwarten zum Jahresende allerdings wieder spürbares Wirtschaftswachstum. "Der Rückgang ist ein Ausrutscher und nicht der Beginn einer Rezession", sagt auch der Deutschland-Chefvolkswirt von UniCredit, Andreas Rees. "Mehrere Sonderfaktoren haben die Wirtschaft nach der Sommerpause gedrückt."

"Deutschland hat kein Konjunkturproblem, sondern ein Automobilproblem"

Die Ansicht teilen andere Experten. "Deutschland hat kein Konjunkturproblem, sondern ein Automobilproblem", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. "Aufgrund der schleppenden Zertifizierung der Automobiltypen musste die Automobilproduktion spürbar gedrosselt werden, mit Kollateralschäden auch für andere Branchen." Die Branche hat Probleme bei der Umstellung auf das neue Abgastestverfahren WLTP, wegen denen die Unternehmen ihre Produktion deutlich herunterfahren mussten.

Der Export dämpfte das Wachstum. Nach vorläufigen Berechnungen gab es im dritten Quartal 2018 weniger Ausfuhren, aber mehr Importe als im zweiten Quartal des Jahres. Die Exportnation Deutschland leidet zunehmend unter den vor allem von den USA angeheizten Handelskonflikten.

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Schrammen hinterließen von Juli bis September Ökonomen zufolge auch die Schwierigkeiten in der Autoindustrie wegen der Umstellung auf den neuen Abgas-Prüfstandard WLTP. Weil nicht alle Auto-Modelle rechtzeitig eine Genehmigung für eine Neuzulassung hatten, mussten Hersteller die Produktion drosseln. „Die damit verbundenen zeitweisen Produktionsausfälle hinterließen tiefe Bremsspuren bei der industriellen Erzeugung“, erläuterten Bundesbank-Ökonomen im jüngsten Monatsbericht.

Privatkonsum kein Wachstumstreiber

Auch der Privatkonsum fiel als Wachstumstreiber aus. Die Verbraucher konsumierten weniger als im Vorquartal. Die historisch gute Lage auf dem Arbeitsmarkt und Lohnzuwächse hatten in der Vergangenheit für Kauflaune der Verbraucher in Europas größter Volkswirtschaft gesorgt und die Konjunktur angetrieben.

Die Konsumausgaben des Staates, zu denen unter anderem soziale Sachleistungen und Gehälter der Mitarbeiter zählen, legten den Angaben zufolge leicht zu. Die Unternehmen investierten etwas mehr in Ausrüstungen, Bauten und sonstige Anlagen als im zweiten Quartal.

Aus Sicht von Ökonomen dürfte das weitere Wirtschaftswachstum an Stärke verlieren. Volkswirte, internationale Organisationen sowie die Bundesregierung hatten zuletzt ihre Konjunkturprognosen gesenkt. So rechnen beispielsweise die „Wirtschaftsweisen“ inzwischen für dieses Jahr mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 1,6 Prozent und für 2019 von 1,5 Prozent. Etwas optimistischer ist die Bundesregierung. Sie ging zuletzt von einem Plus von jeweils 1,8 Prozent aus. Im vergangenen Jahr hatte die deutsche Wirtschaft noch kräftig um 2,2 Prozent zugelegt. (Tsp, dpa, Reuters)

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