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Wirtschaft: BSE: Bauern fordern Rinderschlachtungen

Der Streit um Aufkauf und Tötung von 400 000 Rindern spitzt sich weiter zu. Während Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) noch signalisiert, mögliche Alternativen prüfen zu wollen, forderte Bauernpräsident Gerd Sonnleitner ein rasches Handeln.

Der Streit um Aufkauf und Tötung von 400 000 Rindern spitzt sich weiter zu. Während Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) noch signalisiert, mögliche Alternativen prüfen zu wollen, forderte Bauernpräsident Gerd Sonnleitner ein rasches Handeln. "Die Ställe quellen über. Wir befinden uns in einer absoluten Notlage", sagte er am Mittwoch auf der Pressekonferenz im Vorfeld der Grünen Woche in Berlin.

Angesichts der sich abzeichnenden Überkapazitäten auf dem Rindfleischmarkt hatte die EU-Kommission bereits Anfang Dezember beschlossen, europaweit zwei Millionen Rinder aufzukaufen, darunter 400 000 in Deutschland. Sonnleitner räumte ein, dass ein solches Abschlachten "ethische Fragen" aufwerfe. Die Aktion müsse aber als "außergewöhnliche Notmaßnahme" begriffen werden. Der Rindfleischabsatz sei um 60 Prozent zurückgegangen, der Export zusammengebrochen, teilweise würde überhaupt nicht mehr geschlachtet. In den Ställen sei kaum noch Platz für die Tiere, "auch das hat mit artgerechter Tierhaltung nichts mehr zu tun", sagte der Bauernpräsident.

Für die Bauern sei die Krise inzwischen existenzgefährdend. Ein kleinerer Betrieb mit 60 verkauften Schlachtrindern pro Jahr verliere zurzeit monatlich rund 2500 Mark - die höheren Futterkosten und die Belastung durch die zusätzliche Stallhaltung nicht eingerechnet. "Bei einem Ergebnis von durchschnittlich 53 000 Mark im Jahr halten das die Futterbaubetriebe nicht aus."

Sonnleitner wie auch der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, Peter Traumann, räumten allerdings auch Fehler ein. Man habe in der Vergangenheit "zu wenig überwacht und kontrolliert", um eine sichere Nahrungsmittelproduktion zu garantieren. Die Qualität von Futter- und Nahrungsmitteln sei nicht hinterfragt worden. Traumann sprach sich dafür aus, Verstöße nun rigoros publik zu machen - "dann wird auch die Selbstkontrolle funktionieren."

Mit einer "gläsernen Produktion" wollen Bauern und Ernährungsindustrie das Vertrauen der Verbraucher zurückgewinnen. So sollen quer durch alle Produktionsbereiche durchgängige Qualitätssicherungssysteme aufgebaut, die Kontrollen für Futter- und Arzneimittel verbessert werden. Sonnleitner sprach sich auch für eine strikte Beibehaltung des Hormonverbotes in der Tiermast aus. Die Vorschläge wurden jetzt von allen beteiligten Verbänden an einem "Runden Tisch Fleisch" diskutiert.

Traumann betonte zugleich, dass "es Qualität nicht zum Nulltarif geben wird". Die Verbraucher müssten umdenken, hier seien aber auch die Handelskonzerne gefordert. "Die Preisschleuderer sollten endlich in den Spiegel schauen", sagte er. Die BSE-Krise biete nun "die Chance für einen Neuanfang".

Einen Konflikt mit der neuen Agrarpolitik der Bundesregierung wollte Sonnleitner nicht sehen. Mit der von der Bundesregierung angestrebten Ausweitung des Bioanbaus habe er kein Problem, betonte er. Öko- und konventionelle Landwirtschaft dürften aber nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Verteidigung einer art- und tiergerechten Produktion sei ein gemeinsames Interesse. Nötig sei eine offensive Diskussion. Sonnleitner wertete es als positiv, dass Landwirtschaftsministerin Künast alle Termine auf der Messe wahrnehmen will. Er hoffe, dass sie das Angebot zu einer "konstruktiven Zusammenarbeit" nutzen werde.

chi

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