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Wirtschaft: BSE: Biotech-Firmen profitieren von der Krise

Für die Landwirtschaft ist sie ein Fiasko, auch Verbraucher bringt sie in Panik: die Rinderseuche BSE. Es mutet fast makaber an, aber manche profitieren auch von den wahnsinnigen Kühen: Unternehmen, die Tests für Rinder entwickeln.

Für die Landwirtschaft ist sie ein Fiasko, auch Verbraucher bringt sie in Panik: die Rinderseuche BSE. Es mutet fast makaber an, aber manche profitieren auch von den wahnsinnigen Kühen: Unternehmen, die Tests für Rinder entwickeln. Beispiel Eurofins Scientific S.A. (Wertpapierkennnummer WKN 910251), Frankreich: Das Bioanalytik-Unternehmen testet in Lizenz für die Schweizer Firma Prionics Proben von geschlachteten Rindern auf BSE. Während der BSE-Krise sprang der Kurs der Eurofins-Aktie innerhalb weniger Tage von knapp über 25 auf mehr als 50 Euro und bewegt sich jetzt bei knapp oberhalb von 40 Euro.

Bis heute haben die Test-Kits von Prionics/Eurofins, der irischen Firma Enfer Technologies (nicht börsennotiert) und der amerikanischen Bio-Rad (WKN 865406) die Evaluierung der EU durchlaufen. "Alle drei Tests wurden als sehr gut eingestuft, sowohl hinsichtlich ihrer Genauigkeit als auch ihrer Empfindlichkeit", sagt Anne Buschmann von der Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen der Tiere in Tübingen. Die Anstalt ist für die Zulassung der BSE-Tests in Deutschland zuständig. Lediglich Eurofins und Bio-Rad haben bis jetzt die Genehmigung für den deutschen Markt beantragt. Enfer verfügt nach Ansicht von Branchenkennern nicht über genügend Kapazität, um europaweit aktiv zu werden. Daher wird der Test der Iren derzeit nur in ihrem Heimatmarkt und in Belgien angewendet. Der Test von Eurofins findet in der Schweiz, Deutschland, Italien, Frankreich und England Verwendung. "Er scheint sich als Standard für Schnelltests auf BSE durchzusetzen", sagt Bernd Schnarr, vom Hanseatischen Wertpapierhandelshaus (HWAG).

Um das Marktpotenzial für BSE-Schnelltests in Deutschland abzuschätzen, schlägt Schnarr folgende Rechnung vor: Zahl in Deutschland jährlich geschlachteter Rinder - rund 1,4 Millionen Tiere - mal Testpreis, im Fall von Eurofins 138 Mark. Das ergibt einen möglichen Umsatz von rund 190 Millionen Mark. Allerdings ist die Zahl 1,4 Millionen Tiere nur als grobe Schätzung zu verstehen. Zum einen müssen nach aktueller Gesetzeslage nur Rinder, die älter als 30 Monate sind, getestet werden. Zum anderen ist aber nicht auszuschließen, dass doch alle Rinder oder auch andere Tierarten getestet werden müssen. "Wenn Sie eine BSE-positives Tier finden, wollen Sie natürlich alle anderen Tiere aus dem selben Stall mittesten. Daher muss man wissen, woher das infizierte Rind stammt", sagt Schnarr.

Die November AG (WKN 676290), Erlangen, arbeitet an einem System, das die natürliche Immunreaktion der Tiere nutzt. Jedem Tier werden wie bei einer Impfung Eiweißstoffe injiziert, gegen die es Antikörper bildet. Die Antikörper können dann noch im Tropfsaft von Tierteilen nachgewiesen werden. Indem man für verschiedene Tiere verschiedene Impf-Eiweiße verwendet, entstehen auch unterschiedliche Antikörper, die dann dem Tier eindeutig zugeordnet werden können. Mathias Boenke, Projektbetreuer der "biologischen Ohrmarke" bei November hofft, das Produkt bis Anfang 2002 zur Marktreife zu bringen. Ein Konkurrenzprodukt zum Impfverfahren entwickeln die Biopsytec Holding AG, Berlin, und die Medigenomix GmbH aus Planegg bei München. Beide nutzen die individuellen Merkmale der Erbsubstanz, um Tiere zu identifizieren. Der Vorteil: Aus einem winzigen Stück Fleisch kann die Herkunft ermittelt werden.

Das HWAG hält die aktuellen Preise für die Papiere von Eurofins und November für übertrieben. Schnarr rät abzuwarten, bis die Aktie von Eurofins wieder um 34 Euro liegt und November bei 29 Euro. Danach seien beide Titel ein langfristiger "Kauf", dessen Wertentwicklung nicht vom BSE-Test oder einer einzigen Markierungsmethode abhänge, sondern vom gesamten Produkt-Portfolio. Dirk Schlamp von der DG-Bank hat November auf "Reduzieren" gesetzt. Für ihn sind die Verfahren, die das Unternehmen entwickelt, zwar gut, jedoch ist die Aktie auch seiner Ansicht zu teuer. Das Urteil "Reduzieren" bedeutet, dass Schlamp einen Kursverlust von bis zu einem Zehntel erwartet. Die Situation würde sich erst ändern, wenn die Methoden von November durch einen Auftrag eines großen Industrieunternehmens ein Gütesiegel erhielten, sagt Schlamp. Für Sixte de Gastines von SG Securities ist Eurofins auch zu teuer, seit der Kurs durch die BSE-Krise extrem schnell in die Höhe getrieben wurde. "Wenn Sie den BSE-Anteil wegnehmen, ist die Aktie mit 30 Euro fair bewertet", sagt de Gastines.

hen

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