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Wirtschaft: Bücher für alle

Der Bertelsmann-Club öffnet seine Filialen für Nichtmitglieder. Analysten sehen trotzdem kaum Konkurrenz für die großen Ketten

Berlin - Im Europa-Center an der Tauentzienstraße in Berlin gibt es sie schon, die Bertelsmann-Filiale der Zukunft. Seit 2009 betreibt der Medienkonzern dort eine Buchhandlung unter dem Namen „Zeilenreich“, die nicht wie sonst üblich nur Clubmitgliedern, sondern allen Verbrauchern offen steht.

Ab Juli will der Konzern alle Geschäfte des Bertelsmann-Clubs auch für Nichtmitglieder öffnen. Das teilte die Club-Sparte Direct Group am Montag mit. Der Konzern betreibt bundesweit 226 Filialen – fast so viele wie die große Buchhandelskette Thalia mit 232 Geschäften, aber mit großem Abstand zur Weltbild Verlagsgruppe, die Marken wie Hugendubel und Wohlthat vereint und 470 Filialen hat.

60 seiner 226 Buchclub-Filialen baut der Konzern zu „Zeilenreich“-Geschäften um, bevorzugt in guten Lagen. Man wolle an den „stärksten Standorten künftig mehr Laufkunden ansprechen“, teilte das Unternehmen mit. In Berlin soll es neben dem Europa-Center auch im Alexa am Alexanderplatz und am Tempelhofer Damm „Zeilenreich“-Geschäfte geben. Die 166 anderen Clubfilialen sollen weiter „Der Club Bertelsmann“ heißen, werden aber modernisiert. Der gesamte Umbau koste einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag, sagte der Sprecher der Direct Group, Matthias Wulff.

Im Zuge der Neustrukturierung hat Bertelsmann auch die Mitgliedschaft überarbeitet: Besitzer einer Kundenkarte müssen künftig zwei statt vier Bücher im Jahr abnehmen. Dafür bekommen sie in den Geschäften Rabatt auf rund 1500 Lizenztitel – etwa die Hälfte des Sortiments. Nichtmitglieder zahlen wegen der Buchpreisbindung den regulären Preis.

Mit der Öffnung reagiert Europas größter Medienkonzern auf die sinkenden Mitgliederzahlen in den Buchclubs. In der Nachkriegszeit waren sie einer der Wachstumsmotoren, heute läuft das Geschäft eher schleppend. Erst vor wenigen Wochen hatte Bertelsmann bekannt gegeben, dass es seine französische Buchclub-Sparte verkauft. Zuvor hatte sich der Konzern bereits etwa in Nordamerika, Portugal, Italien, Australien und Neuseeland aus dem Geschäft zurückgezogen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz hat der Bertelsmann-Club noch rund 2,5 Millionen Mitglieder. Als Konkurrenz zu den großen Ketten sehen Branchenexperten Bertelsmann aber nicht. Denn die Geschäfte sind deutlich kleiner, ebenso das Sortiment. „Der Versuch Bertelsmanns, durch die Öffnung eine breitere Kundenbasis zu bekommen, kann in Maßen gelingen“, sagt Boris Planer, Handelsexperte bei der Beratungsgesellschaft Planet Retail. „Für die großen Händler wie Hugendubel, Thalia oder auch Amazon mit ihrem breiten Sortiment ist das Unternehmen aber keine Konkurrenz.“ Jahel Mielke

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