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Wirtschaft: Bürgerbegehren gegen gläserne VW-Fabrik in Dresden

DRESDEN .In Kälte und Schnee, etwas verlassen, steht die 58jährige Helga Burkart auf der Prager Straße in Dresden und sammeln Unterschriften für ein Bürgerbegehren.

DRESDEN .In Kälte und Schnee, etwas verlassen, steht die 58jährige Helga Burkart auf der Prager Straße in Dresden und sammeln Unterschriften für ein Bürgerbegehren.Darin geht es um die geplante "Gläseren Autofabrik" am Straßburger Platz."Ja zu VW - doch nicht am Großen Garten", heißt es dort.Als das Bürgerbegehren im Dezember startete wurden die Initiatoren belächelt.Nun sollen sie dem Vernehmen nach rund 15 000 Unterschriften beieinander haben und das sorgt in Sachsens Landeshauptstadt für Unruhe.VW-Vorstand Folker Weißgerber nimmt es mit demonstrativer Gelassenheit.Im Vorstand werde darüber gesprochen, aber Unruhe gebe es deswegen nicht.Er macht den Dresdnern nochmals klar: VW gebe es in Dresden nur am Straßburger Platz oder gar nicht.Auch Terminverschiebungen will das Unternehmen nicht akzeptieren, der Zeitplan steht.Mitte Dezember wurde der Kaufvertrag für das Grundstück unterschrieben und die "Automobilmanufaktur Dresden GmbH" gegründet.Im Januar hat das Unternehmen modifizierte Baupläne vorgelegt.Etwas kleiner soll das Werk nun werden, etwas kürzer und etwas niedriger.Ein Teststrecke wird unter die Erde verlegt.Die ersten Arbeiten auf der Baustelle sollen noch in diesem Monat beginnen, im Mai ist Grundsteinlegung und im März 2000 Richtfest.Im Herbst nächsten Jahres sollen dann die ersten Luxus-VWs aus der "Gläsernen Fabrik" rollen.Da bleibt nicht viel Zeit.Sollte es also wegen des Bürgerbegehrens zu Verzögerungen kommen, müsse abgewogen werden, ob an Dresden festgehalten werden könne, läßt Weißgerber unmißverständlich durchblicken.

Einst im November hatte das Unternehmen gedroht, nicht nach Dresden kommen zu wollen, wenn die Bürger sich sträubten.Nun ist VW Weißgerber zufolge auch bereit, es notfalls auf einen Bürgerentscheid ankommen zu lassen, sofern eben der Zeitplan nicht in Gefahr gerät.Das Unternehmen hat reagiert.Dresdner Tageszeitungen werden mit VW-Beilagen gefüttert, im Umfeld des Straßburger Platzes wurden 10 000 Grußkarten in Briefkästen gesteckt, verbunden mit dem Wunsch "auf gute Nachbarschaft".Zeichen von Unruhe sei das aber alles natürlich nicht, heißt es bei Weißgerber.

Andere zeigen da mehr Nerven.Dresdens Oberbürgermeister Herbert Wagner (CDU) fürchtet den Verlust an Reputation.Die Gefahr sei groß, daß Investoren künftig einen großen Bogen um Dresden machen.Er wirft den Initiatoren des Bürgerbegehrens vor, falsch zu argumentieren.Selbst Regierungssprecher Michael Sagurna (CDU) sieht sich zu besorgten Worten veranlaßt.Die Bürger sollten nicht nur nicht unterschreiben, sondern ihre Unterschrift unter dem Bürgerbegehren wieder zurückziehen.In den Zeitungen und Sportstadien werben seit Tagen Gegeninitiativen für VW.Die nötige Zahl von knapp 20 000 Unterschriften kämen nie zusammen, sagt Dresdens Wirtschaftsdezernent Rolf Wolgast (SPD) fuchtig.Die Intiatoren des Bürgerbegehrens sehen das anders.Sie sind optimistisch, die fehlenden Unterschriften bis Mitte Februar zusammenzubekommen.Ingolf Roßberg (FDP), Dresdens ehemaliger Stadtplanungsdezernent, Stadtverordneter und Bürgermeister im benachbarten Radebeul, unterstützt das Bürgerbegehren.So unverschämt wie VW sei noch kein anderer Investor in Dresden aufgetreten, schimpft der Kommunalpolitiker.Es gebe in der Stadt andere, geeignetere Grundstücke.

Die gebe es auch in anderen Städten, wird VW-Manager Weißgerber deutlich.VW sei begehrt, andere Städte würden dem Unternehmen die Bauanträge geradezu hinterhertragen und auf auf Verdacht Grundstücke freihalten.Mindestens zwei andere Städte, "europäische Hauptstädte mit ähnlichem Flair", stünden zur engeren Auswahl, sollte das Projekt in Dresden scheitern.Es gibt Spekulationen über Preßburg und Prag.Doch da bleibt Weißgerber noch ausweichend.Prag habe Flair."Unseren Kriterien zufolge käme die Stadt in die engere Wahl."

RALF HÜBNER

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