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Wirtschaft: Bürgermeister wollen streiken

Kommunen protestieren gegen geplante Gemeindefinanzreform/Mit Regierung und Opposition unzufrieden

Berlin (asi). Die Städte und Gemeinden haben am Mittwoch in Berlin eine mehrwöchige Protestkampagne gegen die Pläne von Bundesregierung und Union zur Reform der kommunalen Finanzen begonnen. Unter dem Motto „Reformen statt Kahlschlag“ wollen die Bürgermeister in diesem Herbst vor Bundesrat und Bundestag demonstrieren und möglicherweise sogar für einen Tag ihre Arbeit einstellen. Zum Auftakt des Protestes sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Petra Roth (CDU), am Mittwoch während einer außerordentlichen Hauptversammlung: „Was von der Bundesregierung in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden ist, verdient nicht mal den Namen Reform.“ Der Gesetzesentwurf sei empörend, und was die UnionsMehrheit im Bundesrat anbiete, helfe auch nicht weiter. „Was zur Zeit passiert, ist eine Missachtung unserer Stellung im Staatsgefüge“, sagte die Oberbürgermeisterin von Frankfurt (Main).

Die Bundesregierung hat ein Konzept zur Reform der Gemeindefinanzen beschlossen, nach dem in Zukunft auch Freiberufler und Selbstständige diese Kommunalsteuer zahlen müssen. Die Kommunen befürchten eine Klagewelle der Freiberufler, die am Ende zu einer völligen Abschaffung der Gewerbesteuer führen könnte. Außerdem beklagen die Kommunen, dass durch die Regierungsvorschläge große Unternehmen noch mehr steuerliche Vorteile bekämen, als sie ohnehin schon hätten. Weil auch die Finanzexperten der Koalitionsfraktionen dieser Auffassung sind, wollen sie in den kommenden Wochen ein eigenes Modell entwickeln. Zunehmend wird von den Kommunen aber auch das Sofortprogramm der Union skeptisch beurteilt. Die Union hatte vorgeschlagen, ein Programm für 2004 aufzulegen und den Kommunen über die Neuverteilung der Umsatzsteuer und die Rückführung der Gewerbeumlage Geld zukommen zu lassen.

Die Betroffenen fürchten allerdings, weniger Geld als versprochen zu bekommen, weil sie am Vermittlungsverfahren von Bund und Ländern nicht beteiligt sind. Und zum anderen müssten die Länderhaushalte bei einer Umsatzsteuerneuverteilung bluten; daraus wiederum leiten die Gemeinden die Befürchtung ab, dass sich die Länder das fehlende Geld bei ihnen zurückholen würden. Außerdem, sagte Roth am Mittwoch, könne das Unionsmodell keine Reform ersetzen. „Was aber am Ende als dauerhafte Lösung stehen soll, darüber hüllt sich die Union in Schweigen“, kritisierte die CDU-Politikerin. Über die Reform ist die Union allerdings zerstritten. Während der baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus fordert, die Gewerbesteuer abzuschaffen und durch Zuschläge zur Einkommen- und Körperschaftsteuer zu ersetzen, will Hessen die Gewerbesteuer deutlich stärken.

Unterstützung bekamen die Kommunen am Mittwoch vom DGB-Vorsitzenden Michael Sommer. Die Kommunen führten rund zwei Drittel aller öffentlichen Investitionen durch, deshalb müsse die Gewerbesteuer „dringend wieder eine verlässliche und erhebliche Einnahmequelle sein“.

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