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Bürgschaft: Gasprom verzichtet auf Pipeline-Kredit

Der russische Gasprom-Konzern verzichtet auf einen deutschen Milliarden-Kredit für die Ostsee-Pipeline. Unabhängig davon geht der Streit über eine mögliche Verquickung von staatlichen und privaten Interessen Gerhard Schröders weiter.

Moskau/Berlin - Mit dem Verzicht des Gasprom-Konzerns auf einen Milliarden-Kredit wäre auch eine von der alten Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) zugesicherte Bürgschaft über 900 Millionen Euro wieder vom Tisch. Die Opposition wollte dennoch einen Untersuchungsausschuss nicht auszuschließen.

Die neue Bundesregierung hält die zugesagten Bundeshilfen fachlich und rechtlich für unbedenklich. Dies stellten Sprecher der mit der Bürgschaft befassten Ministerien am Montag klar. Schröders jetziges Engagement als Aufsichtsratschef bei dem Pipeline-Projekt wolle man nicht bewerten, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Dies sei eine persönliche Entscheidung des Altkanzlers. Er als Sprecher der neuen Regierung habe dies nicht zu bewerten.

Streitpunkt ist eine Bürgschaft des Bundes für einen ungebundenen Finanzkredit zur Teilfinanzierung einer Zubringer-Pipeline. Der von der Deutschen Bank und der KfW Bankengruppe geplante Kredit an den staatseigenen russischen Gasprom-Konzern sollte eine Milliarde Euro umfassen, die Bürgschaft des Bundes maximal 900 Millionen Euro plus Zinsen. Solche Garantien werden seit 40 Jahren vergeben. Sie müssen im «besonderen staatlichen Interesse liegen».

Nach Bekanntwerden der Bürgschaft war Schröder in die Kritik geraten, weil er als Kanzler das Pipeline-Projekt mit durchgesetzt hatte und jetzt Aufsichtsrats-Chef der Gasprom-Pipelinetochter ist. Schröder hält dem entgegen, er sei an der Entscheidung für die Bürgschaft nicht beteiligt gewesen und habe davon nichts gewusst.

Gasprom stellte inzwischen klar, man habe den über eine Bürgschaft der Bundesregierung abgesicherten Kredit abgelehnt. «Gasprom ist der weltweit größte Gasexporteur und ein erstklassiger Schuldner, der überhaupt keinen Gebrauch von Staatsbürgschaften macht.»

Beantragt wurde die Bürgschaft laut Wirtschaftsministerium von den deutschen Banken. Nach einem Papier für den Haushaltsausschuss des Bundestages wollten die Banken den Darlehensvertrag bis Sommer 2006 abschließen. Gasprom habe mit dem Vorgang nichts zu tun. Entschieden wurde über die Bürgschaft am 24. Oktober 2005 und damit in der Endphase der Schröder-Regierung im «interministeriellen Ausschuss». Das Gremium besteht aus Vertretern der Ministerien für Wirtschaft, Finanzen, Auswärtiges und wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Das Kanzleramt war laut Wirtschaftsministerium nicht informiert. Nicht eingebunden waren nach Angaben der Ressorts auch der frühere Finanzminister Hans Eichel (SPD), Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sowie Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Informiert gewesen sei Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD).

Die Spitze der Unionsfraktion sieht dennoch Aufklärungsbedarf zu Schröders Engagement. Es gebe «Fragen über Fragen», sagte CSU- Landesgruppenchef Peter Ramsauer. FDP und Linkspartei wollen Schröders Gasprom-Engagement im Bundestag zum Thema machen. An diesem Mittwoch befasst sich auch der Haushaltsausschuss mit der Bürgschaft.

SPD-Fraktionschef Peter Struck nahm Schröder in Schutz. Er sei überzeugt, dass «weder Schröder noch irgendeinem Anderen» persönliche Interessen bei der Bewilligung der Bürgschaft vorzuwerfen seien. SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler sprach von einer «schweinischen Kampagne» gegen Schröder.

FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte: «Ich finde, das ist ein außerordentlich skandalöser Vorgang, denn wo hat es das schon jemals gegeben, dass jemand zur Zeit als Regierungschef ein Geschäft vorbereitet und später dann auf einem Posten Platz nimmt, ihn sich gut bezahlen lässt, den es ohne sein Wirken als Regierungschef gar nicht geben würde.» Dies müsse parlamentarisch aufgeklärt werden.

(tso/dpa)

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