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Wirtschaft: Bund stoppt im Osten Privatisierung von billigen Agrarflächen

BERLIN (asi).Das Bundesfinanzministerium hat den preisvergünstigten Verkauf von ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen in den neuen Bundesländern mit sofortiger Wirkung ausgesetzt und damit eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung der ostdeutschen Landwirtschaft gestoppt.

BERLIN (asi).Das Bundesfinanzministerium hat den preisvergünstigten Verkauf von ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen in den neuen Bundesländern mit sofortiger Wirkung ausgesetzt und damit eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung der ostdeutschen Landwirtschaft gestoppt.Wie ein Sprecher der mit dem Flächenverkauf beauftragten Bodenverwertungs- und Verwaltungsgesellschaft (BVVG) am Montag in Berlin bestätigte, dürften nach der Bonner Anweisung bis auf weiteres keine Flächen an solche Personen und Gesellschaften veräußert werden, die einen Anspruch auf Preisvergünstigung nach dem Entschädigungs- und Leistungsausgleichsgesetz (EALG) hätten und diesen auch wahrnehmen wollen.Lediglich an Interessenten, die Acker- und Waldflächen und Bauland zum vollen Verkehrswert erwerben wollen, werde die BVVG verkaufen.

Mit der Entscheidung reagiert die Bundesregierung auf den Ausgang eines Hauptprüfverfahrens der EU-Kommission, die Ende Dezember Teile des Flächenerwerbsprogrammes für die zwischen 1945 und 1949 enteigneten Agrar- und Forstflächen für unzulässig erklärt hatte.Auf Drängen der Alteigentümer hatte die EU-Kommission das EALG, welches erst nach zähem Ringen von Bundesregierung und den ostdeutschen Bundesländern zustande kam, gerügt.Insbesondere der Preisminderungsanspruch von sogenannten Neueinrichtern, also Personenkreisen, die nach der Wende neue Betriebe eröffnet hatten, war von der Brüsseler Kommission gerügt worden, da sie eine "Benachteiligung von Ausländern" sah.Die BVVG wird nun nicht nur rund 1600 bereits geschlossene Kaufverträge mit solchen Neueinrichtern nachverhandeln müssen.Die EU-Kommission hat Deutschland auch dazu aufgefordert, die den Käufern gewährten Preisnachlässe zurückzufordern.

Besonders hart betroffen ist die ostdeutsche Landwirtschaft deshalb, weil gerade die kleinen ortsansässigen Agrarbetriebe unter einer andauernden Eigenkapitalschwäche leiden.Zur Finanzierung ihrer Unternehmen benötigen sie nicht nur den Rückhalt von Bodeneigentum, das sie nun erst einmal nicht mehr bilden können.Auch die Preisvergünstigung durch das EALG beim Bodenerwerb wirkte in der Vergangenheit gerade bei den Mittelständlern existenzsichernd.

Mit einer Fortführung des Verkaufs der Flächen rechnen Experten der BVVG erst in einigen Monaten.Nachdem die EU-Kommission Bonn zur Nachbesserung des Gesetzes aufgefordert hat, sagte ein Sprecher der BVVG, müßten nun Bund, Länder und Betroffenenvertreter "einen neuen Kompromiß finden, der dann auch noch die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat erhalte".Dies sei jedoch wegen der vielseitigen Interessen schwer und würde "wahrscheinlich sehr lange dauern".Allein die Bewirtschaftung der 450 000 Hektar Wald, deren Verkauf sich nun hinzögert, kostet die Bundesregierung in diesem Jahr 90 Mill.DM.

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