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Wirtschaft: Bund verlangt von der Bahn pünktliche Züge

Tiefensee: Konzern muss seinen Wert steigern / In diesem Herbst häufen sich die Verspätungen – vor allem bei teuren ICE-Sprintern

Berlin - Der Bund hat die Deutsche Bahn aufgefordert, für eine höhere Pünktlichkeit ihrer Züge zu sorgen. „Die Bahn sollte alles tun, um ihre Ziele zu erreichen und den Wert des Unternehmens vor dem Börsengang zu erhöhen“, sagte eine Sprecherin von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) dem Tagesspiegel am Montag mit Blick auf Berichte über verspätete Züge. Die Fahrgäste verlangten von dem Konzern, ihre Strategie auf mehr Qualität im Schienenverkehr auszurichten. „Durch den Sparkurs gibt es keinen Puffer mehr, wenn bei der Bahn etwas schiefgeht“, monierte Karl-Peter Naumann, Vorsitzender des Bahnfahrer-Verbandes Pro Bahn.

Einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge waren von Anfang September bis zum 22. Oktober nur noch 78,5 Prozent der Schnellzüge pünktlich. Das bedeutet, dass ICE-, Intercity- und Eurocity-Züge mehr als fünf Minuten hinter dem Fahrplan liegen. In den ersten drei Oktoberwochen seien einem internen Bahn-Papier zufolge vor allem die ICE-Sprinter-Züge mit Verspätungen unterwegs gewesen. Sie verkehren fast ohne Halt zwischen Großstädten, für die Tickets wird ein Aufpreis fällig. Zwischen Berlin und Frankfurt habe es im Oktober nur eine Pünktlichkeitsquote von 51 Prozent gegeben, zwischen Frankfurt und München waren es 55 Prozent, hieß es. Etwas besser sah es auf den Strecken Hamburg-Köln mit 60 Prozent und Hamburg-Frankfurt mit 79 Prozent aus. Gründe für die Verspätungen waren Mängel an Oberleitungsschäden, Schienenbruch, Weichenstörungen oder Stromausfälle. Sogenannte Langsamfahrstellen, die wegen Problemen an den Trassen angeordnet wurden, hätten ebenso zu den Verspätungen beigetragen wie Bau- und Instandhaltungsarbeiten.

Die Verspätungen treten in der zweiten Jahreshälfte auf, weil die Bahn im Juni und Juli zur Fußball-WM nahezu alle Baumaßnahmen auf den Strecken eingestellt hatte, um Pünktlichkeit und Service zu verbessern. Nach dem Großereignis konnte sie dann zunächst nicht bauen, weil die Temperaturen im Juli zu hoch waren und sich die Schienen daher möglicherweise verformt hätten.

Eine Sprecherin des Unternehmens sagte, interne Berichte kommentiere man nicht. Zudem seien Pünktlichkeitsquoten für einzelne Monate und für einzelne Zuggattungen nicht aussagekräftig. „Wir hatten in den vergangenen Jahren eine durchschnittliche Quote von 90 Prozent und streben dies für dieses Jahr wieder an“, sagte sie. Ohnehin sei der Großteil der Fahrgäste im Nahverkehr unterwegs. Man nehme das Problem der Pünktlichkeit aber „sehr ernst“. Bei der Bahn bestimmt die Zuverlässigkeit der Züge mit über die Höhe der Vorstandsgehälter.

Pro-Bahn-Chef Naumann sagte, schuld an den zunehmenden Verspätungen seien die Veränderungen in der Infrastruktur in den vergangenen Jahren. „Die Bahn hat Nebengleise abgebaut, wo es ging – nun fehlen offenbar die Ausweichmöglichkeiten, wenn es mal eine Baustelle gibt“, sagte er. „Es gibt keine Reserven mehr.“ Auffällig sei auch, dass es oft Verspätungen wegen der neuen elektronischen Stellwerke gebe. Sie sollen eigentlich zu einfacheren Abläufen und weniger Personalbedarf führen. „Wenn eine solche Zentrale einmal ausfällt, ist gleich eine größere Region betroffen – das ist sicherlich kein Fortschritt.“ Er verlangte, die Bahn müsse bei den Entschädigungen nun großzügiger sein. „Der Konzern sollte schon nach einer halben Stunde Wiedergutmachung leisten – nicht erst nach einer vollen.“

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