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Wirtschaft: Bund will Postbank noch 1997 privatisieren

Dresdner Bank dementiert Übernahme / Gutachten empfiehlt Direktverkauf statt Börsengang / Bonn unschlüssig BONN/FRANKFURT(MAIN) (wei/ro)."Das ist eine Ente".

Dresdner Bank dementiert Übernahme / Gutachten empfiehlt Direktverkauf statt Börsengang / Bonn unschlüssig

BONN/FRANKFURT(MAIN) (wei/ro)."Das ist eine Ente".Mit diesen Worten kommentierte Dresdner-Bank-Vorstandssprecher Jürgen Sarrazin auf der Hauptversammlung die Meldung, sein Haus wolle die Mehrheit an der Postbank kaufen.Man habe kein Interesse, die Postbank zu erwerben oder sich an ihr zu beteiligen."Das Thema hat uns 1995 einmal beschäftigt, heute nicht mehr." Er könne sich allerdings vorstellen, so Sarrazin, daß man die Postbank auf dem Weg zur Börse begleite, wie man es bei der Telekom getan haben. Auch Analysten in Frankfurt halten nichts von der Meldung.Da sei nichts dran."Das macht keinen Sinn", betont Dieter Hein von der BHF-Bank.Die Dresdner Bank sei derzeit damit beschäftigt, angesichts des scharfen Wettbewerbs das eigene Filialnetz zurückzustutzen.Da mache es wenig Sinn, sich auch noch die Filialen der Postbank ans Bein zu binden.Deutschland gelte schon seit Jahren als "overbanked" mit viel zu vielen Bankstellen.Zum anderen sei der Standard der Niederlassungen beider Häuser viel zu unterschiedlich.Dies gilt nach Ansicht der Analysten auch für die Kunden von Dresdner Bank und Postbank: Die zweitgrößte Bank schaut eher auf das Vermögen ihrer Kunden, das bundeseigene Institut zielt auf das Massengeschäft.Vor zwei Jahren hingegen war die Postbank für die Dresdner noch interessant, weil der Großbank eine eigene Direktbank fehlte.Doch diese stellen die Frankfurter Banker jetzt selbst auf die Beine. In Frankfurt kann man sich denn auch nur vorstellen, daß die Anteile der Postbank für eine begrenzte Zeit übernommen und damit geparkt werden, bevor sie nach zwei oder drei Jahren über die Börse weiterverkauft werden."Der Bund braucht schließlich dringend Geld und ein Börsengang in diesem Jahr ist kaum möglich", meint Hein.3,4 bis 4 Mrd.DM soll die Postbank beim Gang an die Börse dem Finanzminister bringen.Über einen Zwischenverkauf bekäme der Finanzminister auch ohne den direkten Börsengang sofort Geld in die Kasse.In Frankfurt gilt aber als unwahrscheinlich, daß sich die Dresdner Bank allein an einer solchen Zwischenlösung beteiligen würde."Da käme nur ein Konsortium aus mehreren Banken oder institutionellen Investoren infrage." Damit könnte sich bei der Postbank eine ähnliche Lösung wie bei der Lufthansa abzeichnen.Dort hat Waigel den Restanteil von 37,5 Prozent Ende des vergangenen Jahres bei der bundeseigenen KfW geparkt und dafür 2 Mrd.DM kassiert.Die KfW selbst soll die Aktien an der Börse weiter verkaufen und den Bund am möglichen Mehrerlös beteiligen.Solch eine Lösung strebt Waigel auch mit den Telekom-Aktien des Bundes an. Auch in Bonn hat man Übernahmepläne der Dresdner Bank dementiert.In Regierungskreisen hieß es, über die Einzelheiten der Postbank-Privatisierung sei noch nicht entschieden.Man prüfe einen Verkauf von 75 Prozent der Aktien zum frühestmöglichen Zeitpunkt.Der Erlös solle dem Bund noch in diesem Jahr zur Verfügung stehen.Im Haushalt 97 sind daraus Einnahmen von 3,1 Mrd.DM vorgesehen.Postminister Wolfgang Bötsch hält es für möglich, daß der Bund aus der Veräußerung bis zu 3,7 Mrd.DM erlösen kann.Allerdings ist der Zeitplan für die Privatisierung durch die langen Verhandlungen mit der Post über die Schalterkooperation in Verzug geraten.Die Postbank muß nun zunächst mit ihren Produktpartnern einig werden. Interessiert an einer Zusammenarbeit ist bislang die BHW-Bausparkasse.Auf der Suche ist die Postbank noch nach einem Partner im Versicherungsbereich.Investmentfonds bietet das Bonner Kreditinstitut bereits selber an.Den Produktpartnern soll eine Beteiligung an der Postbank angeboten werden.Ein Viertel der Aktien muß der Bund vorerst behalten; davon gehen 1999 17,5 Prozent an die Post AG.Für die verbleibenden Aktien stehen drei Möglichkeiten zur Diskussion: der direkte Gang an die Börse oder der vorübergehende Verkauf an einen Investor, der als sogenannter Platzhalter eintritt und die Aktien später an der Börse verkauft.Schließlich der Verkauf von Aktienpaketen an Großinvestoren in einer Art Auktion.Im Finanzministerium scheinen die Befürworter dieser letzten Variante an Boden zu gewinnen, weil ein Börsengang bis zum Jahresende nur noch schwer realisiert werden könnte.

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