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Wirtschaft: Bundesbank lässt Eichel abblitzen

Institut lehnt Goldverkauf zur Sanierung des Etats ab – nun muss der Bund erneut Telekom-Aktien versilbern

Berlin/Frankfurt am Main - Die Bundesbank will entgegen dem Wunsch der Bundesregierung in diesem Jahr nahezu kein Gold aus ihren hohen Reservebeständen verkaufen. Nur acht Tonnen würden dem Finanzministerium überlassen, teilte die Bundesbank am Montag in Frankfurt am Main mit. Das Bundesfinanzministerium kritisierte diese Entscheidung. Frisches Geld hat Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) dagegen durch den erneuten Verkauf von Telekom-Aktien an die staatseigene KfW-Bankengruppe bekommen – die Summe lag bei 1,6 Milliarden Euro.

Gemäß eines internationalen Abkommens (siehe Kasten) hätte die Bundesbank in diesem Jahr bis zu 120 Tonnen ihrer Reserven verkaufen können. Das hätte wegen der aktuell hohen Marktpreise etwa eine Milliarde Euro eingebracht. Sie beließ es aber bei den acht Tonnen an das Ministerium, mit denen Goldmünzen geprägt werden sollen – das bringt etwa 66 Millionen Euro. Dieses Geld dürfte aber im Rahmen des Bundesbankgewinns 2005 an den Haushalt zurückfließen.

„Weitere Verkäufe werden nicht getätigt“, teilte das Institut mit. „Goldverkäufe können kein Ersatz für eine nachhaltige Konsolidierungsstrategie der Finanzpolitik sein“, erklärte Bundesbankpräsident Axel Weber. In Berlin stieß der Beschluss auf Kritik. „Die Bundesbank wird selber erklären müssen, warum sie als einzige der 15 Zentralbanken, die am Goldabkommen beteiligt waren, und trotz des sehr hohen Goldpreises die Verkaufsoption nicht ausübt“, sagte Eichel der Financial Times Deutschland. „Das ist schwer einsichtig zu machen.“ Immerhin gehe es um „die Frage nach dem sinnvollsten Umgang mit Volksvermögen und wie man es womöglich mehren kann“, sagte Eichel.

Die Begehrlichkeit auf das Bundesbank-Gold steigt auch deshalb, weil der Gewinn der Notenbank in den nächsten Jahren offenbar niedrig bleiben wird. Im Frühjahr hatte sie nur 248 Millionen Euro an den Bund ausgeschüttet, das war der niedrigste Gewinn seit 17 Jahren. Nach Berechnungen der ING BHF-Bank dürfte es 2005 mit höchstens einer Milliarde Euro nur wenig mehr sein. Grund sind die niedrigen Notenbank-Zinsen, die den Überschuss der Bundesbank drücken. Auch die Zinserträge aus Fremdwährungen gehen zurück. Noch nachteiliger wirkt sich der starke Euro aus. Dadurch muss die Bundesbank Abschreibungen auf ihre Dollar-Reserven von derzeit 40 Milliarden Dollar bilden. Für dieses Jahr dürfte alles zusammen etwa eine Milliarde Euro kosten.

Die Telekom-Aktien, die der Bund an die KfW verkauft hat, bringen dem Haushalt dagegen sofort Privatisierungserlöse. Dennoch gerät auf diese Weise der Aktienkurs nicht unter Druck. Am Montag lag er bei 16,45 Euro, 0,30 Prozent mehr als am Freitag. Das Platzhaltergeschäft habe 3,3 Prozent (rund 138,3 Millionen Stück) des Aktienkapitals der Telekom umfasst, teilte die KfW mit. Damit hält die KfW nun rund 15,3 Prozent an der Telekom, der Bund noch 22,7 Prozent.

Der Haushaltsexperte der Union, Dietrich Austermann, nannte den Verkauf der Telekom-Aktien ein „Notgeschäft, um die letzten Löcher im Haushalt zu stopfen“. Eichel habe sich „in die Situation eines schlechten Schuldners gebracht, der jetzt die letzten Reserven verscherbeln muss“, sagte Austermann dem Tagesspiegel. Damit schmälere der Finanzminister seinen Spielraum für 2005. Meinungsseite

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