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Klare Worte. Weber (l.) blieb sich auch in der Auseinandersetzung mit EZB-Präsident Jean-Claude Trichet über die Geldpolitik treu. Foto: dpa

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Bundesbank-Präsident: Axel Weber ist ein Langläufer

Bundesbank-Präsident Axel Weber beweist Ausdauer und Biss als Stabilitätspolitiker – und bewirbt sich für die EZB-Spitze

Frankfurt am Main - Ob Axel Weber wirklich auf den Chefsessel in der 36. Etage im Frankfurter Eurotower schielt, ist nicht belegt. Jedenfalls hat dies der Bundesbank-Präsident öffentlich nie kundgetan. Indirekt aber gibt es viele Spuren, die Weber auf wichtigen internationalen Konferenzen, in bedeutenden Notenbanker-Zirkeln und auf Vorträgen im In- und Ausland hinterlässt. Sie alle deuten darauf hin, dass er großes Interesse daran hat, einmal Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) zu werden.

Ob in New York, Brüssel, Stuttgart, Berlin oder Freiburg: Überall wo der 53-Jährige in diesen Wochen auftritt, lässt er keine Zweifel an seinen Kompetenzen, aber auch an seiner konsequent stabilitätspolitischen Orientierung. „Ich halte Preisstabilität für die einzige Nadel im EZB-Kompass“, sagte Weber dieser Tage in Stuttgart. Wer letztlich von den europäischen Regierungen für den ehemaligen Finanzprofessor stimmt, weiß woran er ist. (Geld)politisch verdrehen lässt sich der erste Bundesbanker nicht.

Dies zeigen auch die jüngsten Differenzen mit EZB-Präsident Jean-Claude Trichet über die Geldpolitik der Notenbank, aber auch mit den Regierungen in Berlin und Paris über die Ausgestaltung des Euro-Stabilitätspaktes. Tatsächlich hat sich die EZB nicht nur in den Augen von Weber auf geldpolitisch heikles Terrain begeben, als sie auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise beschloss, Staatsanleihen aufzukaufen. Mit ihrer eigentlichen Aufgabe, für Preisstabilität zu sorgen, hat dies wenig zu tun. Weber, einflussreiches Mitglied im EZB-Rat, moniert dies. Trichet geht das gegen den Strich. Es gebe nur einen, der für den Rat spreche, und das sei er, sagt der Franzose mit Nachdruck.

Weber hört das wohl. An seinen Überzeugungen ändert es indes nichts. Auch Attacken aus Paris trägt er gelassen. Seiner Kritik an der in seinen Augen zu laschen Verschärfung des Stabilitätspaktes kann das wenig anhaben. Weber pocht auf automatische Sanktionen, sollten sich Euro-Staaten nicht an die Stabilitätsvorgaben halten und damit die Gemeinschaftswährung gefährden. Einen zweiten Fall Griechenland dürfe es nicht geben. Auch mit Blick auf die öffentlichen Haushalte in Deutschland weicht der Bundesbank- Präsident nicht von seiner Haltung ab.

Marathonläufer Weber – in vier Stunden hat er die Strecke schon bewältigt – hat das Stehvermögen, seine Positionen zu verteidigen. In der Frankfurter Finanzszene genießt er großes Vertrauen, auch wenn er sich wegen der Verfehlungen der Banken mit Kritik nicht zurückhält. Dass etwa die Deutsche Bank schon wieder saftige Boni zahlt, dürfte Weber mit Skepsis verfolgen. Sein Ansehen in der Bankenszene, auch in der EZB, hat mit zwei Dingen zu tun: Die fachliche Kompetenz des Rheinland-Pfälzers ist unbestritten. Er hat in Bonn und Siegen gelehrt, war Direktor des renommierten Centers for Financial Studies in Frankfurt und Mitglied des Sachverständigenrates. Er ist der erste Bundesbankchef, der aus der Wissenschaft kommt. Zum anderen war Weber in der Finanzkrise einer der wichtigsten Berater der Regierung. Er hat die notwendigen Rettungspakete entscheidend mitgestaltet. Genauso stark ist sein Einfluss bei der Neugestaltung der Eigenkapitalregeln für Banken und bei der notwendigen Regulierung der Finanzmärkte. Auch Weber will vermeiden, dass wieder der Steuerzahler bluten muss, wenn sich Banken verzocken.

„Axel Weber ist reich gesegnet mit den für einen Notenbanker erforderlichen Qualitäten. Der Mann beherrscht sein Fach“, sagt der Chefvolkswirt einer Großbank. Auch als Manager habe er seine Fähigkeiten bewiesen. Schließlich hat Weber die Bundesbank im Mai 2004 in einer schwierigen Phase des Umbruchs übernommen. Ihre zentrale Aufgabe, die Geldpolitik, hatte sie mit der Einführung des Euro schon 1999 an die EZB verloren. Eine Neuorientierung und Verschlankung war zu bewältigen. Ganz geräuschlos hat auch Weber dies nicht über die Bühne gebracht. Kein Wunder: Schließlich wird die Bank 2012 nur noch 9000 Mitarbeiter haben, halb so viele wie zur Jahrtausendwende. Zuletzt musste sich Weber über ein Jahr lang mit der Affäre Sarrazin herumschlagen, obwohl er sie nicht zu verantworten hatte. Die Politik hatte der Bundesbank den ehemaligen Berliner Finanzsenator aufgedrückt. Nach langem Gezerre ging Sarrazin Anfang Oktober. Immerhin: Schaden werde Weber dieser Streit nicht, heißt es.

Spätestens im Frühjahr muss sich die Politik entscheiden, wer Trichet im Herbst 2011 an der Spitze der EZB beerben soll. Als ernsthafte Kandidaten gelten derzeit nur Weber und der italienische Notenbankchef Mario Draghi. Die Diskussion hält man in Finanzkreisen für verfrüht. Dennoch: Weber wird das diplomatische Geschick zugetraut, die EZB zu führen und eine, wie Trichet betont, Geldpolitik zu moderieren, die sich an den Interessen von 320 Millionen Menschen in den 16 Euroländern orientiert. Scharfe Statements wird sich der Bundesbank-Präsident dann freilich nicht mehr erlauben können. In der Bundesbank ist auch zu hören, er wolle deshalb lieber bleiben – und damit ein Mann einer klaren, kompromisslosen Linie. „Ich bin bekennender Stabilitätspolitiker und habe nicht vor, dass im letzten Jahrzehnt meiner beruflichen Tätigkeit zu ändern“, sagt Weber über sich selbst.

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