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Wirtschaft: Bush beendet Streik der Hafenarbeiter per Dekret

Arbeitskampf „gefährdet die nationale Sicherheit“ / Schäden für die US-Wirtschaft in Milliardenhöhe befürchtet

San Francisco (siri/HB). Nach zehn Tagen wurde es George W. Bush dann doch zu bunt. Ein kalifornisches Bundesgericht beendete am Dienstagabend auf Antrag des US-Präsidenten vorübergehend den Arbeitskampf der Hafenarbeiter an der amerikanischen Westküste, der der US-Ökonomie Milliardenverluste beschert hatte.

Das Gericht ordnete eine 80-tägige Friedenspflicht an, die in einer Anhörung am 16. Oktober noch einmal überprüft werden soll. „Es kann nicht zugelassen werden, dass der Streit zwischen Management und Belegschaft der Wirtschaft weiter schadet“, erklärte Bush. Die Sperrung der Häfen gefährde das Wohl der Bevölkerung sowie die nationale Sicherheit.

In diesem Fall ermächtigt der so genannte Taft-Hartley Act aus dem Jahr 1947 den US-Präsidenten, Arbeitskämpfe zu stoppen. Bush ist der erste Regierungschef seit 25 Jahren, der von dieser Möglichkeit Gebrauch machte. Ein Bummelstreik und die anschließende Aussperrung von 10 500 Hafenarbeitern durch die Arbeitgeber hatte sämtliche 29 Häfen an der US-Westküste tagelang lahm gelegt. Über sie werden jährlich Waren im Wert von mehr als 300 Milliarden US-Dollar verschifft. Volkswirte errechneten, dass der US-Wirtschaft an jedem Tag des Arbeitskampfes ein Schaden in Höhe von ein bis zwei Milliarden Dollar entstand.

Grund für den Arbeitskampf war die Entscheidung der Reeder, die 29 US-Westküstenhäfen zu modernisieren und mit technischen Geräten wie digitalen Lesegeräten auszustatten. Durch die Modernisierungen, die in anderen Teilen der Welt nach Angaben der Reeder längst Standard sind, würden 400 bis 600 Arbeitsplätze eingespart werden. Zwar hatten die Reeder zugesichert, dass die Hafenarbeiter, die bereits jährlich im Durchschnitt 106 000 Dollar verdienen, weiter beschäftigt werden. Doch die Gewerkschaften fürchteten, dass die Jobs bei nicht gewerkschaftlich organisierten Unternehmen geschaffen werden.

Vertreter der Gewerkschaften protestierten scharf gegen die Anordnung des Präsidenten. „Die Regierung will gemeinsam mit der Wirtschaft die Gewerkschaften zerbrechen“, sagte James Spinosa, Präsident der Hafenarbeitergewerkschaft. Die Gewerkschaft werde sich aber der Anordnung „so gut wie möglich“ fügen. Die Sicherheit der Arbeiter werde aber vorgehen, sagte Spinosa. Beobachter sehen darin einen Hinweis auf mögliche weitere Verlangsamungen der Arbeit. Angebliche Arbeitsverzögerungen der Hafenarbeiter hatte die Reeder ursprünglich zu den Aussperrungen bewogen.

Es wird allerdings noch eine Weile dauern, bis sich die Lage an den Häfen wieder normalisiert hat, da sich durch die rund 200 Schiffe, die an der Küste festliegen, ein massiver Rückstau gebildet hat. Stunden vor der Einigung hatte sich die Hafenarbeitergewerkschaft bereit erklärt, noch 30 Tage unter den alten Vertragsbedingungen weiter zu arbeiten und diesen Zeitraum für Verhandlungen zu nutzen. Die alten Verträge waren Anfang Juli ausgelaufen. Das Management der Reedereien hatte dem Kompromiss nicht zugestimmt und eine Entscheidung des Präsidenten abgewartet.

Besonders von dem Streik betroffen ist die amerikanische Landwirtschaft, die auf Exporte angewiesen ist. Auch der Flugzeugbauer Boeing, der einige Fertigungsstätten in Kalifornien betreibt, befürchtet erhebliche Verluste. Der Autohersteller Nissan rechnet für Oktober mit einem Umsatzminus von 10 bis 15 Prozent. Durch den Ausstand waren Autoteile nicht rechtzeitig geliefert worden. Der Einzelhandel fürchtete um seine Lieferungen für das Weihnachtsgeschäft. Einige Händler waren bereits dazu übergegangen, sich Ware per Flugzeug liefern zu lassen.

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