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Annegret Kramp-Karrenbauer am Donnerstagabend (30. August 2018) beim Sommerfest des Wirtschaftsrates der CDU, Landesverband Berlin-Brandenburg, im Schloss Charlottenburg.

© JENS SCHICKE/Wirtschaftsrat

CDU-Generalsekretärin: Sprüche gegen Scholz und Trump - und eine Träne für Jamaika

Annegret Kramp-Karrenbauer, die Generalsekretärin der CDU, wollte auf einem Sommerfest des „Wirtschaftsrates“ in Berlin für etwas Stimmung sorgen. 

Der Auftritt eines Generalsekretärs oder einer Generalsekretärin der CDU beim „Wirtschaftsrat der CDU“ ist per Definition ein Heimspiel - natürlich, irgendwie. Andererseits wollen die Mitglieder dieses formal unabhängigen eingetragenen Vereines auch immer aufs Neue erobert und begeistert werden. So ähnlich wie Ultras in Herthas Fankurve. Die lassen Spielern und vor allem dem Vorstand auch nicht alles durchgehen.

In diesem Sinne hatte Annegret Kramp-Karrenbauer, seit ihrer Wahl im Februar auch einer breiteren Öffentlichkeit als „AKK“ bekannt, am Donnerstagabend gute Voraussetzungen für einen gelungenen Auftritt. Nicht mehr, nicht weniger. Sie kam als Ehrengast zum Sommerfest des Berlin-Brandenburger Landesverbandes des „Wirtschaftsrates“, der laut Statuten die Interessen der unternehmerischen Wirtschaft gegenüber der Partei vertreten will - im Geiste des Erfinders der „Sozialen Marktwirtschaft“: Kanzler Ludwig Ehrhard (1949 bis 1963 Wirtschaftsminister, 1963 bis 1966 Bundeskanzler). Wobei neutrale Beobachter immer wieder mal den Eindruck gewinnen, dass sich die Positionen des Rates heute eher auf das Wort „Markt“ denn auf das Wort „Sozial“ beziehen.

Kramp-Karrenbauer begann bei ihrer Rede vor etwa 200 Mitgliedern in der Orangerie des Schlosses Charlottenburg damit, dass der per Einladung angekündigte Titel ihrer Rede eigentlich falsch sei. „Soziale Marktwirtschaft: DNA des Mittelstandes der CDU“ war angekündigt. „Mittelstand ist die DNA der Sozialen Marktwirtschaft“ müsse es besser heißen. Das kam wahrscheinlich gut an, doch Applaus regte sich nicht."

"Verträge sind einzuhalten"

Den gab es erstmals, als AKK gedanklich über den Atlantik schaute. Es sei ja nicht nur China, das Deutschland herausfordere. „Wie gehen wir mit einer Administration um, die sagt: Das ist der schlechteste Vertrag ever!“? Und den dann einfach aufkündige? Dabei gelte doch „Pacta sunt servanda“ - Verträge sind einzuhalten! „Wer soll eigentlich mit diesem amerikanischen Präsidenten noch Verträge abschließen?“, fragte AKK. Die Europäische Kommission, die ganz aktuell auch für Deutschland die Außenhandelsbeziehungen mit den USA neu sortiert, will genau das versuchen: einen Vertrag schließen.

Im weiteren monierte die Generalin, dass sie auf ihrer Deutschlandtour nach rund 50 Terminen an der CDU-Basis im Zusammenhang mit dem Mega-Thema Digitalisierung in der Regel nur Fragen nach schnellen Internetleitungen bekomme oder - sofern Eltern im Saal seien - auch nach digitaler Bildung. Dabei sei die Digitalisierung viel mehr als technologischer Wandel: eine Revolution. Nicht nur der Start-up-Unternehmer, der an einem Tisch direkt vor der Bühne saß, blieb da regungslos.

Gäste beim Sommerfest des Wirtschaftsrates der CDU am 30. August 2018. Als Gastrednerin auf der Bühne: Annegret Kramp-Karrenbauer.
Gäste beim Sommerfest des Wirtschaftsrates der CDU am 30. August 2018. Als Gastrednerin auf der Bühne: Annegret Kramp-Karrenbauer.

© Jens Schicke/Wirtschaftsrat

Es ist natürlich nicht leicht als Nachfolgerin im Job des obersten Partei-Einpeitschers, in der Tradition von Typen wie Heiner Geißler über Volker Rühe, Peter Hinze bis zu Angela Merkel: Wie hält man die Basis bei Laune, begeistert möglichst neue Wähler - ohne es zu übertreiben und am nächsten Morgen die eigenen Worte um die Ohren gehauen zu bekommen?

"Jamaika hätte mehr Dynamik und Aufbruch signalisiert"

Nächster Versuch, neues Thema: Das erst diese Woche im Koalitionsausschuss mit der SPD vereinbarte Rentenpaket sei der Preis dafür, dass die Groko überhaupt zustande gekommen sei. Ganz nebenbei: Es sei nicht klar, ob die vor bald einem Jahr angestrebte Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen ein besseres Programm hinbekommen hätte. Aber: „Jamaika hätte mehr Dynamik und Aufbruch vermittelt“, sagt die Politikerin, die als Ministerpräsidentin im Saarland schon eine Jamaika-Koalition geführt hat. 

Als die Mitglieder des Wirtschaftsrates auch das recht regungslos zur Kenntnis nehmen, versucht AKK es nicht mit Scherzen, mit ihr gibt es auch vor dieser zu drei viertel männlichen Zuhörerschaft keine Zoten, kein Comedy-Programm. Annegret Kramp-Karrenbauer begibt sich auf heikles Terrain: zum jüngsten politischen Wettbewerber.

Kanzlerin und ihre Generalin: CDU-Chefin Angela Merkel und ihre Vertraute, die Partei-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer Ende August 2018 in Berlin.
Kanzlerin und ihre Generalin: CDU-Chefin Angela Merkel und ihre Vertraute, die Partei-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer Ende August 2018 in Berlin.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Die AfD habe ja auch ein Rentenkonzept vorgelegt, was sich auf den ersten Blick auch für alle prima lese, den Steuerzahler aber 40 Milliarden Euro kosten würde. Gegenfinanzierung der Rechtspartei: Kein Geld mehr für Flüchtlinge, keines für die EU, keines für die Verteidigung. „Das ist nicht der richtige Weg“, erklärte die Politikerin - um dann den Vizekanzler, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), quasi in einem Atemzug mit der AfD dafür zu kritisieren, dass er vor gut einer Woche wieder laut und mehrfach gefordert hatte, man müsse die Rente bis zum Jahr 2040 stabilisieren.

Olaf Scholz in einem Atemzug mit der FDP

Der Vorschlag klingt für viele Rentenversicherte jüngerer Generationen zunächst nicht völlig irre, aber er macht viele Unternehmer aus Sorge vor hohen Lohnkosten und extrem langfristigen Ansprüchen der Mitarbeiter nervös. „Olaf Scholz geht den Wettbewerb der Populisten mit“, lautet Kramp-Karrenbauers Analyse dieses SPD-Mannes. 

Langsam kommt Bewegung in den Saal. Und richtig lauten Applaus erntet sie beim Wirtschaftsrat endlich als sie auf die robuste Konjunktur zu sprechen kommt und fordert: „Wir müssen etwas an die zurückgeben, die dafür verantwortlich sind!“ Das bedeute: Abschaffung des Soli und Abbau der kalten Progression. Endlich punktet sie.

Gen Ende kommt sie dann auch noch auf das größte Thema dieser Tage zu sprechen: Chemnitz. Wobei sie noch im selben Satz betont, das sei nicht nur ein Problem dort, oder in Sachsen. Es könne überall in Deutschland sein. Anders als Anfang der 90er Jahre in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen oder Solingen, bekämen heute Leute „den Eindruck, dieser Staat ist nicht mehr in der Lage oder willens, die Regeln, die er sich gegeben hat, auch durchzusetzen“. Das dürfe man nicht zulassen. „Wir haben auch viele Fehler gemacht, aber dieses Mea Culpa sollen wir als Anspruch nehmen, es besser zu machen.“ 

Auch für diesen Satz gab es dann zum Abschluss für AKK freundlichen Applaus.

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