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Wirtschaft: Chance in der Not

Der Fachkräftemangel bringt neue Berufe in der Gesundheitsbranche

In den kommenden 10 bis 20 Jahren werden zig tausend Fachkräfte im Gesundheitssektor fehlen. Die Nachfrage nach Ärzten und Pflegepersonal wird das Angebot deutlich übersteigen. Das bedeutet aber auch: Für Einsteiger sind die Jobchancen im Gesundheitsbereich bestens. Und auch denen, die schon jetzt in einem medizinischen Beruf arbeiten, eröffnen sich neue Aufstiegschancen.

„Der Fachkräftemangel ist bei weitem größer, als wir das befürchtet haben“, sagt Harald Schmidt, Gesundheitsexperte bei Pricewaterhouse Coopers (PwC). Nach Berechnungen des Beratungsunternehmens werden in knapp 20 Jahren fast eine Million Fachkräfte im Gesundheitsbereich fehlen. Laut einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts aus dem vergangenen Jahr werden bis 2019 sogar 139 000 neue Ärzte gebraucht. Und einer jüngsten Befragung der Ärztegewerkschaft Marburger Bund zufolge fehlen den Kliniken schon jetzt rund 12 000 Ärzte. Im Schnitt seien 1,5 Arztstellen pro Klinikabteilung unbesetzt. Nach Zahlen von PwC fehlen im Jahr 2020 fast 56 000 Ärzte, und dazu kommen weitere 140 000 Fachkräfte im nicht-ärztlichen Bereich.

Für Schulabgänger mit Interesse an einem medizinischen oder pflegerischen Beruf eröffnen sich dadurch sehr gute Jobchancen. „Im Gesundheitssektor wird eigentlich jede Fachkraft gebraucht“, sagt Arbeitsmarktexpertin Judith Wüllerich von der Bundesagentur für Arbeit. In ländlichen Regionen fehle es bereits vor allem an Hausärzten.„Besonders in spezialisierten Praxen“, ergänzt Sabine Ridder, Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe. Wer eine Weiterbildung im Bereich Endoskopie oder ambulantes Operieren absolviert hat, ist auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Auch Praxis-Manager, die den niedergelassenen Ärzten administrative Aufgaben abnehmen, haben gute Jobaussichten.

Neue Berufe entstehen zudem in den Krankenhäusern: Case-Manager übernehmen die komplette Organisation von der Patientenaufnahme bis zur Entlassung. Gefäßassistenten entlasten Ärzte in der Gefäßchirurgie und operationstechnische Assistenten übernehmen während den OPs teils ärztliche Aufgaben. Mehr als die Hälfte der Ärzte braucht nach Zahlen des Marburger Bundes täglich mehr als zwei Stunden für Papierkram. Das Personal in den Krankenhäusern spezialisiert sich ebenfalls, von sechs Monate langen Weiterbildungen bis Bachelor- und Masterstudium. Die Aufstiegschancen für Krankenschwestern und -pfleger sind heute deutlich besser.

Wer einen Beruf in der Gesundheitsbranche wählt, darf sich aber keine Illusionen machen: Aufgrund des zu erwartenden Fachkräftemangels müssen sich Arbeitnehmer und Selbstständige auf eine hohe Arbeitsbelastung einstellen. Schon jetzt sei sie unter Klinikärzten teilweise „unerträglich hoch“, so der Marburger Bund.„In den Krankenhäusern werden die Schwestern im Jahr 2030 durchschnittlich 60 Stunden in der Woche arbeiten müssen, wenn die Versorgungsqualität nicht absinken soll“, sagt Harald Schmidt von Pricewaterhouse Coopers.

Von Vivien Leue, dpa

Vivien Leue[dpa]

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