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Wirtschaft: Chef-Aufseher der Bankgesellschaft wirft hin Die Suche nach einem Nachfolger für Ernst-Otto Sandvoß scheitert bisher am Desinteresse potenzieller Kandidaten

Berlin (dr). Der Aufsichtsratsvorsitzende der Bankgesellschaft Berlin, ErnstOtto Sandvoß, hat in einem Schreiben an Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) angekündigt, dass er sein Amt niederlegen will.

Berlin (dr). Der Aufsichtsratsvorsitzende der Bankgesellschaft Berlin, ErnstOtto Sandvoß, hat in einem Schreiben an Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) angekündigt, dass er sein Amt niederlegen will. Der 68-jährige frühere Chef der DGZ-Deka Bank will allerdings noch so lange im Amt bleiben, bis die Nachfolge geregelt ist. Auf einen Zeitpunkt für die Benennung eines Nachfolgers legte sich die Finanzverwaltung am Freitag nicht fest. Das Land Berlin hält mit rund 81 Prozent die Mehrheit an dem Bankkonzern.

Die Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich offenbar außerordentlich schwierig. Am Frankfurter Bankenmarkt demonstriert man Desinteresse. Die Bankgesellschaft Berlin sei weit weg und spiele in der Branche eine untergeordnete Rolle, heißt es dort. Gefragt seien die Sparkassen.

Dennoch wird in Berlin darüber spekuliert, dass Michael Endres der neue Aufsichtsratsvorsitzende der Bankgesellschaft werden könnte. Endres war von 1988 bis 1998 Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bank und ist heute unter anderem Vorstandsvorsitzender der Hertie-Stiftung. Der 1937 geborene Banker sitzt seit März 2002 im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft. Zwischen Endres und dem Vorstandsvorsitzenden der Bankgesellschaft Hans-Jörg Vetter „stimmt die Chemie“, heißt es.

Dies erscheint umso wichtiger, da der Rücktritt von Sandvoß mit der gescheiterten Privatisierung der Bankgesellschaft in Verbindung gebracht wird. Sandvoß gehört dem Aufsichtsrat der Bank seit dem Sommer 2001 an und ist Anfang Februar 2002 zum Vorsitzenden gewählt worden. Finanzsenator Sarrazin soll ihn seinerzeit persönlich überredet haben, das Amt als Nachfolger von Dieter Feddersen anzutreten.

Sandvoß hatte in der Vergangenheit mehrfach angedeutet, dass er amtsmüde sei und nur noch bis zu einer Entscheidung über die angestrebte Privatisierung der Bank im Amt bleiben wolle. Sandvoß war – im Gegensatz zu Teilen des Managements der Bank – einer der Befürworter einer Privatisierung der Bankgesellschaft. Auch einer Lösung zusammen mit der Sparkassenorganisation hätte er wohl zugestimmt. Beides steht derzeit aber nicht mehr zur Debatte. Die Bank soll unter der Eigentümerschaft des Landes Berlin saniert werden.

Zuletzt hatte Sandvoß in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) den Rücktritt einiger Mitglieder des Aufsichtsrates nicht mehr ausschließen wollen. Sandvoß beklagte damals die nicht ausreichende Unterstützung des Vorstandes und der Aufsichtsräte der Bankgesellschaft durch die Politik.

Weitere Rücktritte sind möglich

Auch der Rückzug von Stadtentwicklungssenator und SPD-Landeschef Peter Strieder im März dieses Jahres soll bei der Entscheidung von Sandvoß eine Rolle gespielt haben. Er sehe seine Aufgabe bei der Bankgesellschaft als erfüllt an, hatte Strieder damals zur Begründung gesagt. In Bankenkreisen beobachtete man diesen Rückzug mit Argwohn. Die Politik ziehe sich aus der Verantwortung zurück, dies bedeute aber nicht, dass sich die Politiker nicht weiterhin in die Bankgesellschaft einmischen würden.

Ein weiteres Aufsichtsratsmitglied, dem Amtsmüdigkeit nachgesagt wird, ist Thomas Guth. Guth ist Vorstand der Gesellschaft für Industriebeteiligungen Dr. Schmidt AG&Co in Berlin. Guth sitzt ebenfalls seit März 2002 im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft. Stellungnahmen der beiden Aufsichtsratsmitglieder waren am Freitag nicht zu erhalten.

Auch die Norddeutsche Landesbank, immerhin mit rund zehn Prozent an der Bankgesellschaft beteiligt, wollte die Vorgänge nicht kommentieren. Es sei noch zu früh, hieß es inoffiziell. Der Sprecher des Berliner Finanzsenators erklärte nur, das Land suche bundesweit. Sollte dies nicht zum Erfolg führen, könne man sich auch eine Berliner Lösung vorstellen. Dabei müsste der Nachfolger von Sandvoß nicht mal Banker sein. Sein Vorgänger Dieter Feddersen ist Anwalt.

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